Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Page - 382 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 382 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Image of the Page - 382 -

Image of the Page - 382 - in „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit

Text of the Page - 382 -

Nähe, war es für sie selbstverständlich, dass einem nicht nur die (Bluts) verwandten, sondern auch die Landsleute näher stünden als Fremde – aber auch die Annahme, dass für andere dasselbe gelte.843 Im NR und in der SZ fand seit den 1920er-Jahren eine eingehende Aus- einandersetzung mit dem Begriff „Patriotismus“ statt, der als positive Hei- matliebe dem „Nationalismus“ als bewusstem, dem Christentum widerstre- bendem Sich-Abgrenzen vom anderen entgegenzusetzen sei.844 In der SZ kam der Begriff „Nation“ selten vor, und wenn, dann synonym mit „Volk“.845 Indirekt war davon aber sehr viel die Rede. Vaterlandsliebe sei eine Tugend, wenn auch innerhalb maßvoll gesetzter Grenzen, während Nationalismus durch nichts zu rechtfertigen sei, wie der Erste Weltkrieg gezeigt habe.846 Josef Eberle erinnerte an die christliche Auffassung, der zufolge die Liebe zu Heimat und Volkstum den Pflichten gegenüber den Eltern gleichkomme, ja diese mitunter sogar überrage.847 Das NR umschrieb den „wahren“ Nationa- lismus mit den Elementen, die andere als Patriotismus bezeichneten, wäh- rend der „falsche“ Nationalismus von Rassenwahn und Hass des anderen lebe.848 Dass sich Patriotismus nach dem Ersten Weltkrieg zu Nationalismus als Fremdenhass gesteigert habe, ließ Gonzague de Reynold den Gültigkeitsbe- reich des vierten Gebots in Erinnerung rufen.849 Der Mensch bedürfe eines zwischen Einengung und allzu großer Weite angesiedelten „Normalraumes“: Die für ihn erste Instanz sei die Familie, dann komme das Vaterland; gegen die übrigen Völker habe man die von der allgemeinen Nächstenliebe gebote- nen Pflichten.850 Es ging also nicht um die Definition der eigenen Identität in Abgrenzung von einer anderen, als „Feindbild“ gesehenen oder um die Kompensation von Unterlegenheitsgefühlen, wie es für den Nationalismus kennzeichnend ist851, auch nicht um das Finden eines Letztwertes und einer obersten Legi- timitätsquelle für Forderungen jedweder Art852, sondern um die Benennung 843 Kustatscher, Haus und Familie, 126–128 und 173. 844 werner, Die Wiener Wochenschrift, 16–20. 845 ePPel, Zwischen Kreuz, 129. 846 NR 26. 1. 1924. 847 SZ 20. 3. 1938 (J. eberle). 848 NR 17. 1. 1931. 849 NR 26. 10. 1929. 850 SZ 12. 2. 1928 (G. de reynold). 851 hanisch, Illusionist, 94 f.; lanGewiesche, ‚Nation’, 22; wehler, Deutsche Gesellschaftsge- schichte, 508. Prägnante Beschreibungen der negativen Konnotation des Begriffs „Natio- nalismus“ bei GheZZi, Nostalgia, 297, und schreyer, Die „Nation“, 13–15. 852 lanGewiesche, ‚Nation’, 11 und 17; lanGewiesche, Nation, 16 f. und 21. 6. STANDESBEWUSSTSEIN382
back to the  book „Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit"
„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
„Berufsstand“ oder „Stand“?