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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Überzeugt von der Einheit von Mensch und Natur, forderte er die organische Verknüpfung von historischer Methode und geographischer Betrachtungs- weise.923 Dieses Verfahren begründete er nicht mit rein wissenschaftlichen Zwecken, sondern mit dem „Interesse unseres Volks. Denn was ist Landes- geschichte, Landeskunde anderes als Heimatkunde, als Volkskunde! Hei- mat und Volk aber sind die trauten Begleiter durch das Leben, sind unsere kostbarsten Güter.“924 Nachdrücklich wies er auf die Bedeutung der „klei- nen Lebenskreise“ hin, die sich für jene der großen kulturellen Bewegungen nutzbar machen ließen.925 Die Kunde davon sei „nicht toter Wissenskram, nicht antiquarische Liebhaberei, sondern eine nationale Pflicht, eine Bürg- schaft der Liebe und Treue zur Heimat“.926 Einen der Schwerpunkte seines wissenschaftlichen Œuvres bildete die Tiroler Landesgeschichte.927 Redlich war freilich zu sehr Wissenschafter und Intellektueller, als dass er nicht auch den größeren Rahmen gesehen hätte. Er verstand den Blick auf „kleine Lebenskreise“ als Methode, die vom Einzelnen ausgeht, um zur Synthese fortzuschreiten. Seine Diktion lässt seine Identifikation mit dem ordo-Gedanken und die Nähe zu personalistischem Philosophieren erken- nen: Die Kultur eines Volks nannte er „vielgestaltig und vielstufig“, und das Einzelne stellte er in den Dienst des Ganzen. Die Ergebnisse professioneller Landesgeschichte betrachtete er als Bausteine für „den großen, stolzen Bau der Wissenschaft“, aber auch als Möglichkeit, gegen die „moderne Nivellie- rung“ anzukämpfen.928 In Otto Brunners wissenschaftlichem Schaffen bilde- ten die Länder geradezu eine Basiskategorie; eine österreichische Staatsidee im modernen Sinn habe es in der Vergangenheit nicht gegeben.929 Im Literaturbetrieb der dreißiger Jahre wurde das Boden- und Schollenver- bundene stark betont.930 Hermann Bahr forderte, dass jeder durch die Verwur- zelung im Lokalen dem Ganzen diene.931 Guido Zernatto, von Rudolf Henz als „der nationale Kärntner und Sänger eines urtümlichen Bauerntums“ bezeich- net932, war überzeugt von der Wirkung des landschaftlichen Gefüges auf den schöpferischen Menschen.933 Dass er die „Geisteskultur in Kärnten“ der „impo- 923 santifaller, Oswald Redlich, 171. 924 Zit. nach santifaller, Oswald Redlich, 173. 925 lechner, Sinn und Aufgaben, 87. 926 redlich, Ausgewählte Schriften, 83; vgl. winKelbauer, Oswald Redlich, 410. 927 santifaller, Oswald Redlich 41–47. 928 redlich, Ausgewählte Schriften, 78. 929 Jütte, Zwischen Ständestaat und Austrofaschismus, 254. 930 brucKmüller, Nation Österreich, 190. 931 Johnston, Der österreichische Mensch, 127. 932 henZ, Fügung, 243. 933 Zernatto, Vom Wesen, 167. 6. STANDESBEWUSSTSEIN390
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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