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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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deren Verhältnis zueinander in Erscheinung. Viktor Kienböck nannte sie „kleine Republiken mit losem Zusammenhang untereinander; sie sperren sich gegeneinander, insbesondere gegen Wien ab“.946 Engelbert Dollfuß verstand „unter gesundem Volkstum die Erhaltung der Eigenart der einzelnen Volksstämme. So sehr wir Österreicher sind, so sehr wir alle Deutsche sind, so sehr ist schon der Tiroler ein anderer Mensch als der Vorarlberger, der Kärntner ein anderer als der Salzburger, Gott sei Dank, dass es so ist, so wie die Menschen eben dann wertvoll sind, wenn sie nicht Schablonen sind“.947 Franz Rehrl lobte das Anliegen des Kanzlers, das Eigenleben der Länder zu wahren und sie in den Dienst des Vaterlands zu stellen. Auch für ihn war klar, „dass der Vorarlberger anders geartet ist als der Burgenländer, der Kärntner anders als der Oberösterreicher“. Diese alle befruchteten einander wechselseitig, dürften aber nicht mechanisch zusammengeschweißt werden, was „in öder, unfruchtbarer Gleichmacherei ausklingen“ würde. Der Begriff „Österreich“ sei wieder zum Ideal geworden, und „alle Bundesländer, mögen sie in ihrem Eigenleben noch so verschieden sein, bilden in Hinblick auf die- sen Begriff eine Einheit im wahrsten Sinne des Wortes“. Die Gestaltung Ös- terreichs als Bundesstaat stelle „die natürlichste und auch für die Durchfüh- rung des ständischen Aufbaus Österreichs notwendige Staatsform“ dar.948 1919 stellte Hans Karl Zeßner-Spitzenberg in Zusammenhang mit der Föderalismusdiskussion klar, der Zentralismus der Sozialdemokraten, der nichts als „Schwärmerei für das Gleichmachen“ bedeute, bewirke „Lokal- egoismus“. Wichtig sei hingegen eine konstruktive Verwertung des „Lands- mannschaftsgeistes“: Nur „aus der freien Hingabe der Länder an das Ganze“ könne „ein lebendiges Staatswesen von dauerhafter Einheit“ entstehen, umso mehr, als die Länder und ihre Organe „den zusammenbrechenden Staat hier aufgefangen und die letzten Reste von Ordnung und Autorität aufrecht erhalten“ hätten. Die österreichischen Länder seien ein Mittelding zwischen Gliedstaaten und Gemeinden, es seien Länder mit staatlichen Funktionen auf bestimmten Gebieten, die sich ihre Verfassung selbst gä- ben.949 Es habe nichts mit Partikularismus zu tun, „wenn der Tiroler zu- nächst Tiroler, der Kärntner zunächst Kärntner, der Steirer in erster Linie Steirer ist und dann als solcher sich voll und ganz zum Vaterland Österreich bekennt“. Den Länderföderalismus zu beseitigen hieße „die psychologische 946 KienböcK, Sanierungswerk, 12; vgl. Potočnik, Bewusstsein, 129. 947 Zit. nach busshoff, Dollfuß-Regime, 45. 948 CS 25. 8. 1935 (F. rehrl); zu Rehrls Glauben an die kulturelle Sendung Österreichs vgl. Stock, „... nach Vorschlägen der Vaterländischen Front“, 31. 949 NR 20. 7. 1919 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 6. STANDESBEWUSSTSEIN392
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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