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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Grundlage des Österreichertums [...] erschüttern“.950 Karl M. Stepan profi- lierte sich als Schützer des steirischen Volkstums951, und für Georg Prader nahm die Heimat in Oberösterreich Gestalt an. Gelegenheit, dies zu ver- deutlichen, fand er in einer Monographie über den Dialektdichter Norbert Hanrieder, den „Sänger des Mühlviertels“.952 Prader ordnete den Menschen bestimmter Landschaften, ja selbst einzelner Mikroregionen innerhalb der- selben, bestimmte Charakterzüge zu.953 Überzeugt davon, dass der Mensch ein „Produkt des Bodens sei, dem er entsprossen ist, [...] ein Glied der Fami- lien, aus deren Verbindung er entsprungen ist“, forderte er eine Literatur- geschichte, die sich auf „Stammeszugehörigkeit“ aufbaut.954 An den Beginn seiner Studie stellte Prader einen Vergleich mit anderen Landschaften, der nach klassischem Agon klingt. Der Geburtsort allein zähle allerdings noch zu wenig, es sei auch wichtig, wie lange eine Familie in der betreffenden Landschaft ansässig sei.955 Aus genau diesem Grund gelang es Franz Karl Ginzkey nach eigener Aussage nicht, das österreichische Küstenland innerlich als Heimat anzuer- kennen, obwohl er dort einige Jahre seiner Jugend verbracht hatte.956 Nach seiner Versetzung nach Pola im Rang eines Leutnants begann für den lite- rarisch Ambitionierten eine diesbezüglich wenig fruchtbare Zeit. Er glaubte den Grund zu kennen: „[...] und man hat mich sogar meiner poetischen Lehr- mittel beraubt, indem man mir eine Umgebung gab, deren Sprache ich nicht verstehe.“957 An anderer Stelle beschrieb er sein Leben als die Suche seiner Seele nach der ihm „geistverwandten Landschaft“; er habe den Drang emp- funden, „Wurzel zu fassen“, freilich wissend, dass ihm letzte Gewissheit ver- sagt bleiben würde.958 Er nahm eine Einheit von Landschaft, Menschen- und Brauchtum an, „an deren organischem Aufbau kein Zweifel mehr besteht“.959 Es sei etwas völlig anderes, ob man im eigenen oder inmitten eines fremden Volks aufwachse, stellte er mit Bezug auf die verschiedenen Kronländer der Monarchie fest.960 Letztendlich war Heimat für ihn der Garant für den „Geist 950 CS 18. 3. 1934 (H. K. Zeßner-sPitZenberG). 951 binder 1982, Karl Maria Stepan, 173; binder, Stepan/Dobretsberger, 19. 952 Prader, Norbert Hanrieder, 171. 953 Prader, Norbert Hanrieder, 5; vgl. NR 5. 7. 1924. 954 Josef Nadler vertrat die These, die gesamtdeutsche Literaturvielfalt erkläre sich aus „Stammeseigentümlichkeiten“; tálos, Handbuch, 483 (H. haas). 955 Prader, Norbert Hanrieder, 1 f. 956 heydemann, Literatur und Markt, 27. 957 heydemann, Literatur und Markt, 30 f. 958 GinZKey, Heimatsucher, 242 f. 959 GinZKey, Heimatsucher, 88. 960 GinZKey, Heimatsucher, 13. 6.7 HEIMATBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALISMUS 393
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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