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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Gewisse preußische Eigenschaften hätte sich Zeßner-Spitzenberg für Ös- terreich allerdings gewünscht. Ein Jahr nach der Ausrufung der Republik suchte er nach möglichen Ursachen für dieses für ihn widrige Schicksal: Der Österreicher habe sein Österreich immer nur als Geschenk der Natur und als Selbstverständlichkeit betrachtet, aber nie willensstark und plan- mäßig daran gebaut. Daher habe er gegen den Zerfall nichts unternommen, so dass jetzt nur noch die Sehnsucht übrig sei. Und er resümierte: „Es fehlte uns – ein Erziehungsfehler – der Drill, die Einstellung des ganzen Men- schen auf Österreichs Kulturarbeitsberuf der Völkerverbindung und Völ- kerversöhnung im Zeitalter des einseitigen, raubsüchtigen Nationalimpe- rialismus.“1228 Zur Akzentuierung des Gegensatzes zwischen Preußen und Österreich trugen nicht zuletzt die Vorbehalte österreichischer Historiker gegen klein- deutsche Kollegen bei.1229 Über das NR und die SZ erreichten diese ein brei- tes Publikum. 1927 stellte Raimund Friedrich Kaindl mit Bedauern fest, dass in Deutschland „seit Jahrzehnten eine Minderbewertung und Herab- setzung der Österreicher“ stattfinde, ja dass schon den Schülern ein falsches Bild vermittelt werde, obwohl der Beitrag Österreichs zur gesamtdeutschen Kultur groß sei.1230 Kaindls „gesamtdeutsch“ denkender Lehrer Heinrich von Srbik1231 reagierte auf sein Buch Österreich, Preußen, Deutschland. Deutsche Geschichte in großdeutscher Beleuchtung (Wien 1926) allerdings verhalten: Sein Vorwurf parteilicher Darstellung traf Kaindl schwer.1232 Betont preußenkritisch war auch Walther Heydendorffs 1947 vorgelegtes Buch Österreich und Preußen im Spiegel österreichischer Geschichtsauffas- sung: Der Nationalsozialismus habe „die alten großpreußischen Gedanken- gänge aktualisiert“.1233 Während Österreich, ein altes Land, „zum eigent- lichen Stützpunkt des Reichsgedankens und zum Hauptträger der Lasten aller Reichskriege“ geworden sei, handle es sich bei Preußen um einen ge- schichtsarmen „lose zusammengefügten, zusammengeraubten Länderbe- sitz“, was eine „parvenühafte Selbstüberschätzung“ bewirkt habe.1234 1228 NR 16. 11. 1919 (H. K. Zessner-sPitZenberG). 1229 brucKmüller, Nation Österreich, 291. 1230 NR 10. 9. 1927 (R. F. Kaindl); von einer Fehleinschätzung Österreichs in Deutschland sprach auch J. Eberle: „50 Jahre Preußentum genügten, um Deutschland in der gan- zen Welt verhasst zu machen“; SZ 11. 4. 1926 (J. eberle); ähnlich die Einschätzung von KlotZ, Sturm, 22 f. 1231 Zum Inhalt dieses Begriffs vgl. fellner, Reichsgeschichte, 371. 1232 SZ 6. 11. 1927 (R. F. Kaindl); vgl. heiss, Im „Reich der Unbegreiflichkeiten“, 463, Anm. 34. 1233 heydendorff, Österreich, 9. 1234 heydendorff, Österreich, 11 f. 6. STANDESBEWUSSTSEIN420
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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