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lehnung an Tacitus1263 und trennte den „österreichischen Menschen“ in zwei
– in sich wiederum bunte – Hauptgruppen, den „Homo Vindobonensis“ und
den „Homo Alpinus“; im 19. Jahrhundert sei die Palette noch reicher gewor-
den; die „lebendige Verbindung“ derselben hielt er für „unsere eigentliche
Gegenwartsaufgabe“.1264 Für Ignaz Seipel – auch er forderte, weiter zurück-
zublicken als nur auf die Jahre 1866–19141265 – war es Gottes Wille, dass
die Österreicher auch dem kleiner gewordenen Vaterland dienten, indem sie
sich bemühten, die christlich-abendländische Kultur im Herzen Europas zu
verteidigen und die östlichen Völker zivilisatorisch einzugliedern. Zeitwei-
lig dachte er an eine Donauföderation.1266 Die Bundeskanzler Dollfuß1267 und
Schuschnigg1268 leiteten aus der Geschichte ebenfalls einen Missionsauftrag
ab. Das Staatswappen wurde mit dem Bindenschild der Babenberger, Sym-
bol der „Ostmarkmission“, modifiziert, getragen vom kaiserlichen Doppelad-
ler, der auch der des Heiligen Römischen Reichs gewesen war.1269
Mehrere Mandatare griffen das aus der hohen Bewertung der deutschen
Kultur sich ergebende Thema einer kolonisatorischen Aufgabe im Südosten
auf. 1270 Als qualifizierteste Stimme sei vorab Oswald Redlich gehört, des-
sen wissenschaftliches Interesse in hohem Grad den Habsburgern zwischen
Reich und Hausmacht galt. Als eine ihrer Leistungen hob er nicht nur die
„nationale Mission“ gegen Frankreich, sondern vor allem die „religiös-kul-
turelle“ gegen Osten hervor.1271 Prinz Eugen, dem er mehrere Arbeiten wid-
mete, war für ihn „das unvergessene Symbol jenes alten Österreich, das sich
in schwerem Kampf empor ringt zur europäischen Großmacht, das sich an-
schickt, seine innere staatliche Ausgestaltung zu beginnen, und das erblüht
im Glanze seiner Barockkultur“.1272 1933 stellte Redlich sein Bild des Feld-
1263 brucKmüller, Nation Österreich, 309; N. schausberGer, Österreich, 296; vgl. auch suP-
PanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 136 f.
1264 ePPel, Österreicher 2, 503.
1265 rennhofer, Ignaz Seipel, 439.
1266 boyer, Wiener Konservativismus, 352; iber, Vom Syllabus, 14, 60–63; Karoshi, Die Er-
innerung, 94 f.; tálos, Handbuch, 480 (H. haas); vgl. matis, Wirtschaftliche Mitteleuro-
pa-Konzeptionen, 243–252.
1267 dollfuss an österreich, 43 und 67; vgl. busshoff, Dollfuß-Regime, 46; hanisch, Der Po-
litische Katholizismus, 76.
1268 K. schuschniGG, Österreich, 20.
1269 Kriechbaumer, Erzählungen, 146; mosser, Legitimismus, 110.
1270 fellner, Historiographie, 54 f.; fellner, Was heißt, 214 f.; iber, Vom Syllabus, 14, 55; N.
schausberGer, Österreich, 295 f.; staudinGer, Österreich-Ideologie, 33–35 und 293–298.
1271 redlich, Weltmacht, 5.
1272 Zit. nach santifaller, Oswald Redlich, 162; vgl. suPPanZ, Das Barock-Zeitalter, 118 f.;
zum Symbolwert des Barock vgl. suPPanZ, Österreichische Geschichtsbilder, 177–183; zur
Problematik der Identifikation Prinz Eugens mit dem Barock vgl. wandrusZKa, Prinz Eu-
6.8 ÖSTERREICHBEWUSSTSEIN VERSUS NATIONALSOZIALISMUS 425
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580