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seien keine Stände im Sinn von QA gewesen. Die in der Enzyklika vorge-
sehenen Stände seien weder Geburtsstände noch besäßen sie Privilegien.153
Die Körpermetapher
Bei Karl Lugmayer waren die nostalgischen Neigungen ebenfalls nicht so
übermächtig, dass er das Illusorische an einer Rückkehr zur Ordnung des
Mittelalters nicht gesehen hätte.154 Für ihn stand nur fest, dass der ständi-
sche Aufbau „von unten“ erfolgen müsse155, und er bezeichnete die Stände als
Organe.156 Die klarste Definition dieses von vielen Zeitgenossen verwendeten
Begriffs bot Philipp Bugelnig: „Jedes Wesen, das im Dienst eines höheren
Wesens etwas tut“.157 Wenn ein Organ versage, sterbe der Körper.158 Franz
Rehrl setzte „organisch“ mit „lebendig“ gleich: So sollte der Staat aufgebaut
sein.159 Bei fast allen Ständetheoretikern begegnen die Begriffe „Organis-
mus“ bzw. „organisch“ als Gegenbegriffe zu „mechanisch“; damit verwandte
Begriffspaare sind „natürlich“/„künstlich“ und „qualitativ“/„quantitativ“.160
Otto Ender rühmte die Maiverfassung als Rahmen, der „echte Stände wer-
den lassen“ wolle; wie gut das gelinge, hänge von der Reife der Menschen ab.
Den Beginn auf der untersten Ebene rechtfertigte er damit, dass die Menschen
hier noch alles überblicken könnten. Er sprach aber auch die machtpolitische
Komponente des Problems an: „Je höher hinauf man steigt, umso geringer wird
die Zahl jener werden, die noch den nötigen Überblick besitzen.“161 Friedrich
von Weichs wies auf die Komplexität größerer Gemeinschaften hin: Jedem
Menschen sei ein bestimmter Platz „im Räderwerk des Lebens angewiesen“,
den zu finden dem Finden der eigenen Persönlichkeit gleichkomme.162
Im eben referierten Diskurs begegnet immer wieder die seit der Antike
häufig verwendete, auf der Priorität des Ganzen vor den Teilen beruhende
Metapher des Staates als eines Körpers und der Stände als Glieder.163 Auch
153 KarPeles, Klassenkampf, 17 f.
154 K. luGmayer, Grundrisse, 81; ähnlich buGelniG, Der Ständestaat, 54.
155 K. luGmayer, Leos Lösung, 44; vgl. K. luGmayer, Linzer Programm, 69.
156 K. luGmayer, Linzer Programm, 64.
157 buGelniG, Der Ständestaat, 9.
158 buGelniG, Der Ständestaat, 13.
159 stocK, „... nach Vorschlägen der Vaterländischen Front“, 62; ähnlich R. schmitZ, Der Weg, 15.
160 bohn, Ständestaatskonzepte, 112 f.; newman, Zerstörung, 252; stollberG-rilinGer, Der
Staat, 36 f.
161 CS 4. 11. 1934 (O. ender).
162 v. weichs, Der Weg, 22; vgl. CS 18. 2. 1934 (F. v. weichs).
163 bader, Die geistige Grundlegung, 163; GG 4 (1978), 521 f. und 526 (Organ, G. dohrn-van
rossum); KlotZ, Sturm, 40; K. luGmayer, Grundrisse, 121; K. luGmayer, Linzer Programm,
7. DIE BERUFSSTÄNDISCHE
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580