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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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vorgenommener Einschätzung: Zwar sei es in den dreißiger Jahren nicht leicht gewesen, politischer Mandatar zu sein, aber als Bauernvertreter habe er gleichwohl erfolgreich arbeiten können: „Unserer Standesorganisation, dem Bauernbund, gelang es, von Erfolg zu Erfolg schreitend, das Bauern- tum – gemessen an den Verhältnissen dieser Zeit – ungeschlagen über die Jahre zu bringen.“412 Diese Worte stehen freilich für das Scheitern des stän- dischen Ideals, denn sie dokumentieren einen Mechanismus des Interessen- ausgleichs zwischen den Ständen bzw. zwischen Ständen und Regierung, der aus der legislativen Tätigkeit herausgenommen und in ein informelles Vor- feld verlegt worden war.413 Die Umsetzung des ständischen Aufbaus scheiterte vor allem daran, dass es in der Natur des Stands liegt, etwas Gewachsenes zu sein, dass eine Fest- legung per Gesetz demnach gar nicht möglich ist.414 Die Hoffnung, dass sich mit der Zeit zumindest ein geringes Maß an ständischem Eigenleben ent- wickeln würde, wurde durch die Ereignisse vom März 1938 zunichte:415 Die für dieses Jahr vorbereiteten berufsständischen Wahlen, in die man noch zu Jahresbeginn große Hoffnungen gesetzt hatte416, konnten nicht mehr durch- geführt werden.417 Aus der vorletzten Nummer der MSchKP, die mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich eingestellt wurde, spricht Ernüchterung: Der „verderbliche Individualismus der Interessen“, der die Ursache der Neuordnung gewesen sei, wirke in hohem Grade fort und er- schwere die wirkliche Gesundung von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft; der alte Klassengeist lebe weiter, von einer wirklichen berufsständischen Gemeinschaftsordnung sei man noch weit entfernt.418 Resümierend darf fest- gehalten werden: Ein Ständestaat, wie er der Theorie der berufsständischen Ordnung entsprochen hätte, bestand 1934–1938 in Österreich nicht.419 Berufsständische Ordnung und Demokratie Obwohl der berufsständische Gedanke von Vorbehalten gegen die parlamen- tarische Demokratie lebte, bedeutete er keineswegs die Ablehnung demokra- tischer Grundprinzipien, auch nicht einen unversöhnlichen Gegensatz zum 412 blöchl, Lebenserinnerungen, 103. 413 wohnout, Verfassungstheorie, 400. 414 Klose, Quadragesimo anno, 28. 415 P. huemer, Entstehung, 610. 416 MSchKP 3, 139. 417 JaGschitZ, Ständestaat, 506. 418 MSchKP 3, 51–53. 419 steiner, Wahre Demokratie?, 164–166. 7.5 PROBLEME DER BERUFSSTÄNDISCHEN ORDNUNG 475
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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