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nes korporativen Staates hinterlassen.296 Michael galt in legitimistischen
Kreisen als Patron der legitimen Autorität und Kämpfer gegen den Erzre-
volutionär Luzifer.297 Das Konzept sah Einfachheit der Handlung, aber ba-
rocke Farbigkeit vor. Stellvertretend für die Regierung nimmt Michael die
Wünsche der Jugend entgegen. Verschiedene Gruppen marschieren durch
ein Spalier und werden als „Stände“ nacheinander aufgerufen und zu ihrer
Sendung im neuen Staat geweiht.298
Zum 1. Mai 1934 verfasste Henz eine Kinderhuldigung299 und die Huldi-
gung der Stände.300 In beiden schrieb er die Geschichte des deutschen Ös-
terreich zu einer heroischen Chronik um und gab missionarisches Bewusst-
sein zu erkennen.301 In der Huldigung der Stände, dem Spiel, mit dem die
Maiverfassung offiziell gefeiert wurde302, wurden die Symbole der Berufs-
stände erstmals präsentiert.303 Sie waren von Clemens Holzmeister entwor-
fen worden. Dieser Künstler, der sich zur barocken Tradition Österreichs
bekannte304, identifizierte sich, jedenfalls äußerlich, vorbehaltlos mit dem
Ständestaat; er leitete den Arbeitskreis „Bildende Kunst“ im Kulturreferat
der VF und legte als Mitglied des SR viel Disziplin bei der Teilnahme an
Plenarsitzungen an den Tag.305
Ein an eine Prozession erinnernder Zug von der Votivkirche zum Wiener
Rathaus, Symbolen geistlicher und weltlicher Macht, bei dem professionelle
Schauspieler und Laien zusammenwirkten306, demonstrierte die neue Gesell-
schaftsordnung. Vor der Ehrentribüne mit den Regierungsmitgliedern ist
ein Stein aufgerichtet, der symbolische „Grundstein“ des neuen Staates. Ein
Sprecher vergleicht diesen mit einem Haus, an dessen Bau alle mitzuwirken
hätten. Es sei nicht nur Neues zu schaffen, sondern auf dem von den Ahnen
Geschaffenen weiterzubauen. Der einleitende Teil endet mit einem Appell
an die Mitarbeit aller an diesem Bau.
Es folgen je achtzeilige Ansprachen der Sprecher der sieben Stände, die
von Vertretern der einzelnen Berufsgruppen dargestellt werden.307 Forst- und
296 Pfoser/renner, Ein Toter, 350.
297 F. waGner, Legitimismus, 71.
298 S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 126–129.
299 Dollfuß hielt eine erläuternde Ansprache an die Kinder; dollfuss an österreich, 245–252;
Pfoser/renner, Ein Toter, 350 f.
300 S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 126 und 130; JanKe, ,,Österreich über alles!“, 343.
301 JanKe, ,,Österreich über alles!“, 344 f.; JarKa, Zur Literatur- und Theaterpolitik, 518.
302 Vgl. auch seliGer, Scheinparlamentarismus, 387 f.
303 Kraus, „Volksvertreter“, 111–113; lasinGer, „die pause“, 107.
304 achleitner, Architektur, 679.
305 Posch, Clemens Holzmeister, 232; wohnout, Verfassungstheorie, 274.
306 S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 134 f.
307 JanKe, ,,Österreich über alles!“, 345. 8. STAAT UND
GESELLSCHAFT516
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580