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Geschichte
Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Landwirtschaft erhebt Anspruch auf gesellschaftlichen Vorrang; das Gewerbe betont die Begriffe „Form“ und „Plan“; die Industrie ist sich der „Unrast ei- gensüchtiger Zeit“ bewusst, die zu Entzweiung geführt habe, gibt sich aber gleichwohl zuversichtlich.308 Handel und Verkehr rühmen ihre die Wirtschaft belebende Funktion; Geld- und Kreditwesen bedient sich eines vom mensch- lichen Körper ausgehenden Vergleichs: Das Geld ist das Blut, sein Fluss der Kreislauf, der Körper und Geist am Leben hält. Die Freien Berufe betonen Österreichs Leistungen in den Bereichen Technik, Recht und Medizin; der Vertreter des Öffentlichen Dienstes erinnert an die Loyalität der Beamten. Die Zeremonie endet mit einem Auftritt des Sprechers, der für Ordnung und Harmonie des Zusammenlebens eintritt. Er wendet sich an den Wiener Bürgermeister mit der Bitte, das Gelöbnis der Stände dem Staatsoberhaupt direkt zu überbringen, wobei die Stufenfolge über den Bundeskanzler führt; es werden also sämtliche Instanzen bestätigt. Ausdrücklich hält der Spre- cher fest, es sei kein Spiel gewesen, sondern die künftige Wirklichkeit im Land, und erklärt die Handlungen als Vorwegnahme des Zustands, den es in Österreich zu realisieren gelte.309 In diesen Themenkomplex gehört nicht zuletzt der nach dem Attentat auf Bundeskanzler Engelbert Dollfuß entstandene „Kult“ um dessen Person.310 Initiator und Ideenlieferant war Rudolf Henz.311 An der „Schmelz“ in Wien 15, einem seelsorglich unterversorgten Arbeiterbezirk, war 1933 auf Initia- tive von Hildegard Burjan nach einem Plan von Clemens Holzmeister eine dem früheren Bundeskanzler Ignaz Seipel gewidmete Gedächtniskirche errichtet worden, in der 1934 auch der ermordete Kanzler beigesetzt und fortan als „Märtyrer“ verehrt wurde.312 Der Dollfußkult, der durch zeitgenös- sische Biographien untermauert wurde313, trug Züge des traditionellen Heili- genkults; vom charismatischen Führerkult des säkularisierten Faschismus unterschied er sich aber wesentlich.314 Ein Schuschnigg-Mythos kam trotz entsprechender Versuche nie auf.315 308 Zur Vermittlung von Standesbewusstsein an die Arbeiter vgl. JarKa, Zur Literatur- und Theaterpolitik, 520. 309 JanKe, ,,Österreich über alles!“, 346. 310 Pfoser/renner, Ein Toter, 353 f.; tálos, Herrschaftssystem (2013), 115–117 und 347; die gesamte ältere Literatur zusammenfassend und sehr kritisch dreidemy, Der Dollfuß-My- thos, passim. 311 wohnout, Im Zeichen, 140; venus, Rudolf Henz, 32; höcK, Medienpolitik, 116. 312 GraseGGer, Denkmäler, 506; JaGschitZ, Dollfuß, 209; Ch. maresch, Die katholische Kirche, 51; vallaZZa, ,,Wir bauen auf“, 21; wohnout, Im Zeichen, 139. 313 dreidemy, Dollfuß, 245. 314 ebner, Politische Katholizismen, 199 f.; hanisch, „Christlicher Ständestaat“, 178; hanisch, Der Politische Katholizismus, 78; Kriechbaumer, Erzählungen, 149 f. 315 tálos, Herrschaftssystem (2013), 120 f. 7.6 SCHUL- UND VOLKSBILDUNG 517
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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