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Erklärte Gegner der Heimwehr waren auch Johann Blöchl328, Richard
Schmitz329, Lorenz Karall330, Johann Staud331 und Leopold Kunschak.332 Letz-
terer griff den Wehrverband 1929/30 aus Sorge um die Demokratie heftig
an333; 1933 verlangte er dessen Auflösung.334 Auch fürchtete er, die von der
Heimwehr gegründete Gewerkschaft würde zur Konkurrenz für die christ-
liche.335 Seine Zustimmung fand hingegen der Freiheitsbund, der sich von
anderen Wehrverbänden erheblich unterschied.336 Im christlichsozialen Wie-
ner Wehrverband, der sich ab September 1929 Christlich-deutscher Wehr-
verband nannte, übernahm Kunschak die Führung.337 Realpolitische Überle-
gungen ließen ihn die Heimwehr schließlich aber doch anerkennen.338
Die Maiverfassung wurde unterschiedlich beurteilt. Nahezu nur Positi-
ves sah Guido Zernatto; insbesondere die Bestimmungen, die sich auf die
liberalen Gesetze der 1860er-Jahre stützten, fanden seinen Beifall. Während
manche der von ihm gewürdigten Aspekte fraglos zutrafen (Freiheit der Per-
son, die Wohnung als Freistatt, Förderung von Heimatliebe als Stütze des
Staatsbewusstseins, kulturelles Sendungsbewusstsein), war sein Blick bei
anderen getrübt, etwa wenn er hervorhob, die Frauen hätten die gleichen
Rechte wie die Männer gehabt oder die Gemeinde hätte als Keimzelle des
Staates gegolten.339 Für Hans Karl Zeßner-Spitzenberg stellte die Formulie-
rung von Gott als dem Urheber allen Rechtes und aller Staatsgewalt einen
besonders wertvollen Passus dar.340 Otto Ender rechtfertigte die Notrechte
der Verwaltung als „starke Stützung der Autorität“. Zufrieden resümierte
er: „Ich glaube daher, dass wir es mit einer glücklichen Synthese von Staats-
autorität und Selbstverwaltung zu tun haben, wenn wir nur dem Sinne und
Geiste treu bleiben, der unsere Verfassung 1934 durchweht.“341
Von vielen Mandataren kam aber nicht so vorbehaltlose Zustimmung.
328 wiltscheGG, Heimwehr, 85; hanisch, Die Politik, 127.
329 braun, Der politische Lebensweg, 323.
330 wurm, Dr. Lorenz Karall, 6.
331 wandrusZKa, Struktur, 348.
332 KluGe, Bauern, 325; JedlicKa, Vom alten, 224; wiltscheGG, Heimwehr, 28.
333 G. hartmann, Im Gestern, 328; Kriechbaumer, Erzählungen, 554; wiltscheGG, Heimwehr,
50 und 258.
334 wiltscheGG, Heimwehr, 72.
335 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 16; wiltscheGG, Heimwehr, 281.
336 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 126 f.; tálos, Handbuch, 271 f (C. Earl edmondson).
337 wiltscheGG, Heimwehr, 117.
338 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 82 f.
339 Zernatto, Die Wahrheit, 115–123.
340 CS 18. 3. 1934 (H. K. Zeßner-sPitZenberG).
341 CS 4. 11. 1934 (O. ender).
8.7 STÄNDESTAAT UND AUTORITÄRES SySTEM AUF DEM PRÜFSTAND 519
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580