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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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aus. Insgesamt wechseln Loyalitätsbekundungen (die ständische Selbst- verwaltung entspreche dem christlichen Naturrecht356) mit besorgten An- merkungen. Odo Neustädter-Stürmer, dem seit September 1934 in der Nachfolge Otto Enders die organisatorische Durchführung des ständischen Aufbaus oblag (Kap. 7.5), war in Ludwigs Augen für diese Aufgabe wenig geeignet, weil er, vornehmlich technisch-beamtet denkend, zumal die Arbei- terschaft „seelisch“ nicht erreicht habe, jene Schicht, deren Integration über- haupt nicht gelungen sei.357 Auch beim Bericht über die Auflösung der CSP fallen kritische Töne auf.358 Karl Lugmayer, der auch als Volksbildner einen autoritären Kurs ab- lehnte359, hob den vorläufigen Charakter der Maiverfassung hervor, be- zeichnete sie als Fundament, aber „das Haus muss noch gebaut werden“.360 Ähnlich äußerte sich Ludwig Hülgerth, den das in ihr steckende Potential faszinierte. Mit Goethe beschrieb er sie als die „geprägte Form, die lebend sich entwickelt“. Aufgabe der Zukunft sei es, den richtigen Einklang zu fin- den „zwischen der unbedingt nötigen autoritären Führung und dem Mitbe- stimmungsrecht der ständisch gegliederten Vertretungskörper“.361 Kritische Ansätze lassen Äußerungen Ludwig Adamovichs362 erkennen, der bereits in seiner Zeit als Mitglied des SR in wenngleich verhaltener Form Bedenken gegen manche Praktiken der Regierung anklingen ließ.363 In den 1940er-Jahren hielt er fest, die Maiverfassung weiche einer Deklara- tion über die Staatsform „mit Absicht“ aus; zwar sei Österreich eine Repub- lik geblieben, aber die Bezeichnung sei zugunsten von „Bundesstaat Öster- reich“ vermieden worden. Auch erkannte er, dass nicht die Bestellung der Organe „von unten“ durch Volkswahl, sondern „von oben“ das leitende Orga- nisationsprinzip bildete.364 Das zentrale Prinzip der Unterordnung der Ver- waltung unter das Gesetz sei in weitem Umfang verlassen, die Verwaltung „zur führenden Funktion gestaltet“ worden. Die meisten Gesetze seien nicht unter Mitwirkung der Organe der Bundesgesetzgebung, sondern aufgrund besonderer Ermächtigung erlassen worden.365 Nicht von ungefähr legte er daher noch um 1950 Wert auf die Relativierung seines Beitrags am Zustan- 356 ludwiG, Österreichs Sendung, 135. 357 ludwiG, Österreichs Sendung, 138 f. 358 ludwiG, Österreichs Sendung, 127. 359 schmit, Christliche Arbeiterbewegung, 113 f. 360 CS 3. 6. 1934 (K. luGmayer). 361 CS 16. 12. 1934 (L. hülGerth). 362 Vgl. dagegen olechowsKi/staudiGl-ciechowicZ, Staatsrechtslehre, 227. 363 neGer, Verfassung, 76–78. 364 adamovich, Grundriss, 31. 365 adamovich, Handbuch, 36. 8.7 STÄNDESTAAT UND AUTORITÄRES SySTEM AUF DEM PRÜFSTAND 521
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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