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entscheiden, für ihn umso bedauerlicher, als er einer der Mandatare war, die
besonders häufig das Wort ergriffen.380
1937 schlug Otto Ender vor, den SR und den LR künftig gemeinsam tagen
zu lassen sowie BWR und BKR zusammenzulegen. Letzteres lehnte Josef Bick
ab: Wenn schon, sollte das Organ der Intellektuellen mit dem SR vereint wer-
den. 1938 distanzierte sich auch Ender von seinem Vorschlag.381 Der BWR
wurde von ihm als das Gremium gewürdigt, in dem die große Masse des Volks
vertreten sei382, während Richard Schmitz von dieser Seite die Gefahr des Par-
tikularismus ausgehen sah und ein größeres Gewicht des SR gewünscht hät-
te.383 Er zweifelte offensichtlich an der politischen Reife des weitaus größten
Teils der Bevölkerung, deren Sorge vornehmlich Materiellem gelte.384 Johann
Staud hingegen hätte mehr Einfluss des BWR gewünscht.385
Rudolf Henz, ein in die Kulturpolitik des Ständestaates besonders eng
eingebundener Mandatar, gab noch 1963 ein verklärtes Urteil über die
Handlungsmöglichkeiten des BKR ab386, während Adolf Lenz 1937 dessen
Möglichkeiten als eingeschränkt beurteilt hatte: Er glaubte, Kultur, Finan-
zen und allgemeine staatliche Interessen ließen sich nicht trennen; auch
fehle dem BKR der berufsständische Unterbau, und seine Mitglieder bekä-
men nur fertige Gesetzesentwürfe vorgelegt.387
Kritische Töne zum BT ließen Ulrich Ilg, Ludwig Draxler und Viktor
Kien böck vernehmen: Ihnen zufolge handelte es sich um kein gesetzgeben-
des Organ im eigentlichen Sinn.388
Kein Kommentar zu Details, aber ein sehr ernüchterndes Gesamturteil
über die Mechanismen der Gesetzgebung kam von außen: 1936 schrieb Vik-
tor Frankl im CS, die vorberatenden Organe würden „eine Atmosphäre von
Staatsmüdigkeit und Gleichgültigkeit den Schicksalen des Staates“ gegen-
über schaffen.389
Die meisten Mandatare waren im Ernstfall allerdings kompromissbe-
reit.390 Franz Rehrl, ein nach allen Seiten offener Konsenspolitiker mit fester
380 blenK, Leopold Kunschak, 192.
381 P. huemer, Entstehung, 591; wohnout, Verfassungstheorie, 511 f. und 519–521.
382 CS 4. 11. 1934 (O. ender).
383 PMR VIII/6, Prot. 929/2 (12. 3. 1934), 126.
384 braun, Der politische Lebensweg, 293 f.
385 KluwicK-mucKenhuber, Johann Staud, 124.
386 henZ, Fügung, 222; S. amann, Kulturpolitische Aspekte, 154.
387 wohnout, Verfassungstheorie, 392.
388 wohnout, Verfassungstheorie, 480 f. und wohnout, Verfassungstheorie, 485.
389 CS 1. 3. 1936 (V. franKl).
390 hanisch, Die Ideologie, 26 f.
8.7 STÄNDESTAAT UND AUTORITÄRES SySTEM AUF DEM PRÜFSTAND 523
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„Berufsstand“ oder „Stand“?
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Title
- „Berufsstand“ oder „Stand“?
- Subtitle
- Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
- Author
- Erika Kustatscher
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien - Köln - Weimar
- Date
- 2016
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20341-4
- Size
- 17.4 x 24.6 cm
- Pages
- 682
- Keywords
- Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Vorwort 11
- Abkürzungen und Siglen 17
- 1. Das Erkenntnisinteresse 19
- 2. Zur Methode 45
- 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
- 3.1 Österreich 1918–1938 59
- 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
- 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
- 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
- 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
- 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
- 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
- 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
- 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
- 5. Der Mensch ist Person 211
- 6. Standesbewusstsein 301
- 7. Die berufsständische Ordnung 435
- 8. Staat und Gesellschaft 487
- 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
- 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
- 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
- 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
- 8.5 Das Autoritäre 503
- 8.6 Schul- und Volksbildung 511
- 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
- 9. Resümee: status ist ordo 527
- 10. Anhang 541
- 11. Quellen und Literatur 580