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Nach 1918
„Berufsstand“ oder „Stand“? - Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
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Nexus zu dem wahrer Autorität gesehen und diente, eben weil Werte nicht verhandelbar sind und nicht zum Gegenstand von Kompromissen werden können19, als gleichsam ultima ratio zur Rettung hehrer Ideale (Kap. 8.5). In dieser Wertewelt, in der auch der Legitimismus verankert war, be- standen viele Möglichkeiten der Bündelung von Elementen, die einen Stand ausmachen konnten. Was die Zeitgenossen unter einem solchen verstanden (Kap. 6), deckt ein breites Spektrum an Inhalten ab, und es fällt auf, dass in ihrem Bewusstsein – aber auch: Empfinden – das sogenannte „Altstän- dische“ vom „Neuständischen“ häufig keineswegs scharf getrennt war. Alle hatten das Bild von Gruppen vor Augen, die durch gemeinsame Identifikati- onspunkte (Rechte oder gar Privilegien sind allenfalls am Rande zu nennen) verbunden waren. Gerade beim Adel und bei den Bauern, beide im Öster- reich der Ersten Republik in hohen Ehren, war ständisches Denken sehr ausgeprägt. Hier waren nach wie vor Haus und Familie zentrale Denkkate- gorien, jene Strukturen also, die als Urgrund des Subsidiaritätsprinzips zu betrachten sind und die auch das Wesen der alteuropäischen „Ökonomik“ (O. Brunner) ausmachten. In dieser wiederum ist der Begriff ordo verankert, jene feste, naturgegebene, dem Schöpfergott zu verdankende, daher im Letz- ten ein Geheimnis bleibende Ordnung, die sowohl für das große Ganze des Kosmos als auch für die Gesellschaft als relevant galt. Dem Haus als der untersten Ebene der Gesellschaft entsprachen auf hö- heren Ebenen die Gemeinde, das Land, die Nation, das Reich. Und so wie die Verankerung im Haus als eine gefühlsmäßige betrachtet wurde, galt auch die Heimat, die engere und die weitere, als ein für den Menschen wichti- ger Bezugspunkt. Zwar ginge es zu weit, Heimat – oder auch Nation – als einen Stand zu bezeichnen, dass aber diese Räume „ständisch“ denkenden/ fühlenden Menschen wichtiger waren als anderen, ist ein im analysierten Diskurs vielfach nachzuweisender Gedanke. Es entstand ein ausgeprägter Österreichpatriotismus, der ein Gegengewicht zu dem in manchen Kreisen ventilierten Gedanken eines Anschlusses der territorial geschrumpften Re- publik an Deutschland sein wollte. Eine seiner Erscheinungsformen war ein starkes Interesse an der Vergangenheit, des Heiligen Römischen Reichs glei- chermaßen wie des „übernationalen“ habsburgischen Vielvölkerreichs, das man dem unhistorischen Ansatz des „preußischen“ Nationalsozialismus ent- gegenhielt. Um einen Nationalismus, wie er für faschistische Systeme kenn- zeichnend ist, handelte es sich bei der in derlei Werten sich verdichtenden Österreichidee (nicht „Ideologie“) nicht. Eine allgemein verbindliche Definition für „Stand“ ließ sich nicht finden: So wich man auf den Berufsstand aus (Kap. 7). Othmar Spann machte hier- 19 stollberG-rilinGer, Die Historiker, 36. 9. RESÜMEE: STATUS IST ORDO 533
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„Berufsstand“ oder „Stand“? Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Title
„Berufsstand“ oder „Stand“?
Subtitle
Ein politischer Schlüsselbegriff im Österreich der Zwischenkriegszeit
Author
Erika Kustatscher
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien - Köln - Weimar
Date
2016
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20341-4
Size
17.4 x 24.6 cm
Pages
682
Keywords
Parlamentarische Demokratie, berufsständische Ordnung, Naturrecht, katholische Soziallehre, Personalismus, konservatives Denken, traditionale Herrschaft, autoritäre Herrschaft, Totalitarismus, Widerstand gegen den Nationalsozialismus, politische Utopie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Vorwort 11
  2. Abkürzungen und Siglen 17
  3. 1. Das Erkenntnisinteresse 19
    1. 1.1 Die geltende Meistererzählung – und was sie offen lässt 20
    2. 1.2 Stand: Der begriffliche Ausgangspunkt 33
    3. 1.3 Das Arbeitsvorhaben 38
  4. 2. Zur Methode 45
    1. 2.1 Der diskursanalytische Ansatz 45
    2. 2.2 Literarische und autobiographische Texte 52
    3. 2.3 Das Textcorpus 55
  5. 3. Der politisch-geistesgeschichtliche Rahmen 59
    1. 3.1 Österreich 1918–1938 59
    2. 3.2 Geistige Anregungen aus den frühen zwanziger Jahren: Othmar Spann, Richard Nikolaus Coudenhove-Kalergi 84
    3. 3.3 Die „Gesellschaftsreform“ auf christlich-sozialer Grundlage 90
    4. 3.4 Die Enzyklika Quadragesimo anno und die katholischen Sozialtheoretiker 96
    5. 3.5 Die Nachbarschaft des faschistischen Italien 105
    6. 3.6 Berufsständische Entwürfe 156
      1. 3.7 Die Verfassung vom 1. Mai 1934 163
    7. 3.8 Die Organe der Bundesgesetzgebung und ihre Besetzung 165
    8. 3.9 Die Maiverfassung in der Analyse kritischer Zeitgenossen 170
  6. 4. Die politisch-gesellschaftliche Lage in der Wahrnehmung bürgerlicher Kreise 181
    1. 4.1 Das „Erbe“ von 1789: Die Französische Revolution als „Urgrund“ von Individualismus, Liberalismus, Kapitalismus und Marxismus 182
    2. 4.2 Kritik an der parlamentarischen Demokratie 193
  7. 5. Der Mensch ist Person 211
    1. 5.1 Für Freiheit und Menschenwürde 211
    2. 5.2 Individualität versus Individualismus 213
    3. 5.3 Freiheit und Ordnung 215
    4. 5.4 Leben und Geist 227
    5. 5.5 Persönlichkeit und Gemeinschaft 256
    6. 5.6 Kultivierung personaler Werte 265
    7. 5.7 Legitimität versus Legalität 287
  8. 6. Standesbewusstsein 301
    1. 6.1 Semantische Unschärfen 301
    2. 6.2 Exkurs: „Stand“ bei Othmar Spann 303
    3. 6.3 Der Stand und das Standesgemäße 306
    4. 6.4 Adel in der Bewährung 323
    5. 6.5 Bauerntum als Ideal 329
    6. 6.6 Die Familie 354
    7. 6.7 Heimatbewusstsein versus Nationalismus 375
    8. 6.8 Österreichbewusstsein versus Nationalsozialismus 396
  9. 7. Die berufsständische Ordnung 435
    1. 7.1 Vorläufige Begriffsbestimmung 435
    2. 7.2 Die christlich-soziale „Gesellschaftsreform“ aus der Sicht der Mandatare 437
    3. 7.3 Exkurs: Das Genossenschaftswesen 439
    4. 7.4 Aspekte der berufsständischen Ordnung 442
    5. 7.5 Probleme der berufsständischen Ordnung 458
    6. 7.6 Stände jenseits der Berufe 480
  10. 8. Staat und Gesellschaft 487
    1. 8.1 Die Gesellschaft als Entfaltungsraum der Person 488
    2. 8. 2 Wesen, Aufgaben und Grenzen des Staates, Verhältnis zu den Ständen 490
    3. 8.3 Das Subsidiaritätsprinzip 494
    4. 8.4 Föderalismus versus Zentralismus 498
    5. 8.5 Das Autoritäre 503
    6. 8.6 Schul- und Volksbildung 511
    7. 8.7 Ständestaat und autoritäres System auf dem Prüfstand 518
  11. 9. Resümee: status ist ordo 527
  12. 10. Anhang 541
    1. 10.1 Mandatare, die für die Fragestellung der vorliegenden Studie relevante Schriften hinterließen 541
    2. 10.2 Mandatare, die mit eigenen Beiträgen in den genannten Periodika vertreten waren 545
    3. 10.3 Ständetheoretiker 546
    4. 10.4 Verfasser ergänzend herangezogener Texte 553
  13. 11. Quellen und Literatur 580
    1. 11.1 Quellen zur politischen Geschichte 580
    2. 11.2 Zeitgenössische Periodika 581
    3. 11.3 Monographische Arbeiten und vermischte Beiträge der Mandatare 595
    4. 11.4 Ständetheoretische und ähnliche Arbeiten 601
    5. 11.5 Ergänzende Quellen 603
    6. 11.6 Forschungsliteratur 607
    7. 11.7 Internetquellen 664
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