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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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30 I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche lung hängen seit damals unmittelbar zusammen. Denn tatsächlich war bereits zwi- schen 1780 und 1848 die höhere Bürokratie – außer in den höchsten Rängen und in der Diplomatie – bürgerlich geprägt. Der Anteil des Adels betrug in diesem Zeitraum bereits nur noch 20 %, und auch die zahlreichen Nobilitierungen, die vielen Beamten zuteilwurden, machten aus den Beamten noch keine Aristokra- ten. Den in den Adelsstand erhobenen Bürokraten fehlte der (Grund-)Besitz und die Möglichkeit des Konnubiums mit Frauen aus dem Adel, diese neuen Adeligen sind daher nicht der adeligen Schicht, sondern „nur“ dem Dienstadel zuzurechnen. Keinen Adelsrang zu besitzen bedeutet allerdings noch nicht, bürgerlich zu sein. Zum Bürger gehörten zweifelsohne auch andere Kriterien: ein entsprechendes Ein- kommen, ein bestimmter Lebensstil, ein adäquates Heiratsverhalten, eine gute Bil- dung, ein bürgerliches Bewusstsein, gepaart mit einer „bürgerlichen Gesinnung“.21 Aufgrund dieser Kriterien ist das höhere Beamtentum den bildungsbürgerlichen Gruppierungen zuzurechnen. Selbst die Bauern- und Handwerkersöhne, die (in gar nicht so geringer Zahl) bis zum Ende der Monarchie, wie wir sehen werden, durch ein Studium die höhere Karriere im Staatsdienst einschlagen konnten, blie- ben selbstverständlich keine Bauern und Handwerker, sie entwickelten, wie ihre Memoiren zeigen, einen bürgerlichen Lebensstil und das entsprechende Selbst- verständnis. Die österreichischen Beamten wurden im Laufe der Zeit zu den Bil- dungsbürgern par excellence, die an der Ausbildung des österreichischen Bürger- tums wesentlich beteiligt waren.22 Bürokratische Eliten in hohen Rängen stellten in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gleichzeitig auch bürgerliche Eliten dar. Die niederen Beamten sind aufgrund ihres Einkommens, ihrer Lebenshaltung sowie ihres Selbstverständnisses zum Kleinbürgertum zu zählen. Karl Megner hat den sozialen und ökonomischen Verhältnissen des niederen Beamtentums bereits eine eingehende Studie gewidmet,23 mit ein Grund, warum in dieser Studie die höheren Beamten, vor allem die bürokratischen Eliten, im Zentrum stehen. Aller- dings verschoben sich in der Periode von 1848 bis 1918 die sozialen Verhältnisse der Beamtenschaft, einerseits durch die ökonomischen Auf- und Abwärtsbewegungen der jeweiligen Zeit, andererseits durch sozialpolitische Eingriffe, an denen die Be- amten selbst nicht unwesentlichen Anteil hatten. 21 Die Begriffe bürgerlich, Bürgerlichkeit, Bürgertum wurden in den letzten Jahrzehnten in der Historikerwelt ausführlich diskutiert; in Zusammenhang mit der österreichischen Bürokratie siehe HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 223–229. 22 HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 243–334. 23 KARL MEGNER, Beamte. Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Aspekte des Beamtentums (Wien 1985), S. 108.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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