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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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119 5. Nationale Illustrationen ruthenischen, polnischen, rumänischen Sprachgruppen sowie Juden ohne Sprach- grenzen miteinander lebten und zweitens die Lebenssituation der Beamten durch die Peripheriesituation des Landes schwierig genug gestaltet war. Einen anderen Fall bildete Bosnien-Herzegowina, ebenfalls an der Peripherie des Reiches, wo es innerhalb der Bürokratie tatsächlich multinational zugegangen zu sein scheint. Hier galt die gleiche schwierige Lebenssituation wie in der Bukowina und das na- tionale Gemisch in den Ämtern war zu vielfältig, als dass es der nationalen Frage wegen zu Reibungen gekommen wäre. Der tschechische Kartograf Jan Baše mel- dete sich zum Katastraldienst in Bosnien (eine der Aufnahmebedingungen war die Kenntnis einer slawischen Sprache), um der allgemeinen Arbeitslosigkeit in seinem Beruf zu entkommen und fand dort Polen, Italiener, Deutsch-Österrei- cher, Ungarn, Serben, Kroaten, Slowaken, Ruthenen, Slowenen sowie viele Tsche- chen, die alle vor demselben Problem, der Arbeitslosigkeit, gestanden waren und im Allgemeinen recht gut miteinander auskamen. Streitereien, so Baše, hätte es höchstens unter seinen tschechischen Landsleuten gegeben.110 Allerdings gab es nur wenige Bosnier, und diese in niederen Rängen – zu wenig, als dass sie als Bindeglied zwischen den fremden Bürokraten und den Einheimischen dienen und vertrauensbildend wirken hätten können. Der Mangel an Bosniern in den Ämtern verschärfte die Lage der österreichisch-ungarischen Bürokratie gegenüber den nationalen Muslimen, später gegenüber den nationalistisch agierenden Ser- ben, und trug viel dazu bei, den Alltag der Staatsdiener schwierig zu gestalten.111 Andererseits war vonseiten der Bosnier wenig Bereitschaft zu erkennen, die Söhne zum Studium nach Wien oder Budapest zu schicken. Die Gefahr, dass sie damit dem eigenen Volk zu sehr entfremdet würden, schien ihnen wohl zu groß zu sein. Angesichts all dieser nationalen und parteipolitischen Schwierigkeiten war es kein Wunder, dass der Kaiser mit der Erhöhung der Beamtengehälter, die er an- lässlich seines 50-jährigen Regierungsjubiläums 1898 verfügte,112 einen beträcht- lichen Prestigegewinn bei den Beamten verzeichnen konnte. Die Maßnahme drückte soziale Anteilnahme und Wertschätzung aus und verbesserte die materi- elle Lage. Abgesehen von dieser Gnadengabe mochte der Allerhöchste Herr den Staatsdienern auch angesichts der in ihren Augen wenig eleganten Umgangsfor- men im Parlament und in der aufgeheizten Atmosphäre des Partei- und Nationa- 110 In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 185 f., 200 f., 204 und 229. 111 DŽEVAD JUZBAŠI�, Die österreichisch-ungarische Okkupationsverwaltung in Bosnien-Her- zegowina. Einige Aspekte der Beziehungen zwischen den Militär- und Zivilbehörden. In: Prilozi 34 (Sarajewo 2005) , S. 89, siehe auch Kapitel „Die ,gut-bürgerliche‘ Gesellschaft“. 112 Siehe Kapitel „Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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