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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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150 IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? Sonst waren die Unterschiede oftmals gravierend. Als Diurnistinnen beispiels- weise verdienten Frauen nur die Hälfte des Salärs der Männer (400 gegenüber 900 bis 1.000 Kronen inklusive Zulagen). Bei den Offizianten, das waren die Kanzleigehilfen nach dreijähriger Dienstzeit, lag beispielsweise der Jahresbezug der Männer zwischen 1.080 und 2.340, der der Frauen zwischen 960 und 2.100 Kronen, der Anfangsbezug der Frauen war um 11,4 bis 12,5 % niedriger als bei den Männern. In der Polizeidirektion Wien verdienten weibliche Mitarbeiterinnen monatlich 60 Kronen und der Höchstbezug belief sich nach etlichen Dienstjahren auf 90 Kronen. Überstunden wurden zwar verlangt, aber nicht bezahlt. Wenn wir um 1900 die Lebenshaltungskosten in der Großstadt mit 75 Kronen pro Monat ansetzen,203 wird deutlich, dass diese Frauen wenig finanzielle Ressourcen für ihr privates Leben und ihre Freizeitaktivitäten hatten. Es dürfte ihnen auch wenig Zeit dafür geblieben sein. Aufgrund des geringen Verdienstes waren Frauen oft- mals gezwungen, einen Nebenverdienst anzunehmen. Selbst nach der Dienstprag- matik von 1914 wurde die ungleiche Bezahlung beibehalten. In der Urlaubszutei- lung wurden die Geschlechter allerdings gleich behandelt.204 Bei der Entlohnung von Frauen ging man nach wie vor nicht vom Prinzip der gerechten Bezahlung für eine erbrachte Leistung aus, sondern vom Grundsatz der „standesgemäßen Absicherung“ des Lebensunterhalts lediger Frauen – eine ge- naue Definition von „standesgemäß“ wurde unterlassen. Allgemein wird man da- mit wohl die Absicherung einer eher kümmerlichen Existenz gemeint haben. Die Anstellungserfordernisse waren dementsprechend einheitlich niedrig. Man for- derte für die rein mechanischen Aufgaben, die Frauen für gewöhnlich zugewiesen bekamen, den Abschluss der Bürgerschule, für manche Sparten, zum Beispiel für die Arbeit in der Polizeidirektion und beim handelsstatistischen Dienst, auch eine Intelligenzprüfung. Mehr konnte man von ihnen auch kaum verlangen, da, wie beschrieben, Frauen von der institutionalisierten höheren Bildung ausgeschlossen waren. Es liegt daher nahe, dass es vor dem Ersten Weltkrieg auch keine Frauen in Führungspositionen im Staatsdienst gab. 1902 wurden nur 3 % aller weiblichen Angestellten im Staatsdienst als Vorgesetzte bezeichnet, meist waren sie Leiterin- nen von ein bis zwei Frauen und in einem Dienst, der „bei gemächlichem Ge- schäftsgang“ abgewickelt werden konnte – wie in der ersten umfangreichen Studie von Hans Nawiasky dazu geringschätzig bemerkt wurde.205 Verheiratete Frauen 203 HAFNER, Der sozio-ökonomische Wandel, S. 61. 204 HAFNER, Der sozio-ökonomische Wandel, S. 71. 205 NAWIASK�, Die Frauen im Staatsdienst, S. 225.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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