Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 172 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 172 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Bild der Seite - 172 -

Bild der Seite - 172 - in Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich

Text der Seite - 172 -

V. Das soziale Umfeld 172 drei Jahre später nach Lemberg (L’vov, L’viv), zwei Jahre später nach Wien: Vater Ignaz wurde in den Reichsrat berufen und sollte als Politiker und Finanzminis- ter (1860–1865) sowie als Handelsminister (1867–1870) Karriere machen.271 Selbst dem hannoveranischen Aristokraten und hoch geachteten Beamten Erich Graf Kielmansegg war, wie berichtet, dieses Los – wie allen anderen weniger „Hochge- borenen“ – beschieden.272 Die Vielfalt des öffentlichen Dienstes, den ein Beamter kennenzulernen hatte, wurde eintöniger, als im späten 19. Jahrhundert der Usus nicht mehr durchgehend eingehalten wurde, die Beamten quer durch die Behör- den und die Provinzen der Monarchie zu schicken. Aber darüber wurde bereits berichtet. Was die Rekrutierung betraf, galten (inoffiziell) als erste Empfehlung für eine Anstellung im Staatsdienst Familienbeziehungen: Auch sie hatte in der Mon- archie eine lange Tradition. An anderer Stelle wurden die Familien Pratobevera sowie Greiner/Pichler genannt.273 Für junge Akademiker, die aus Beamtenfami- lien stammten, war es nach wie vor durch die Verwandtschaft leichter, ein ent- sprechendes Amt im Staatsdienst zu erwerben. Im Jahr 1857 kam mehr als ein Drittel (35 %) der Beamten in Wien aus Beamtenfamilien.274 Selbstverständlich entstanden diese Möglichkeiten durch den Vorsprung an Informationen und gu- ten Beziehungen, die manchmal bereits seit Generationen gepflegt, zumindest aber durch den Vater aufgebaut worden waren. Vom heutigen Standpunkt wird dieses (Un-)Wesen wohl mit gutem Gewissen mit den Begriffen Protektion und Nepotismus belegt. In der patriarchalen Gesellschaft wurde die Entscheidung eines Sohnes, in die Fußstapfen des Vaters zu treten, als positiver Schritt emp- funden und kräftig gefördert. Als ein Exempel aus der Jahrhundertmitte können die Familien Salzgeber, Russegger und Ottenfeld gelten.275 Peter (seit 1853 Freiherr von) Salzgeber (1789–1858), hochverdient in der Landesvermessung und in der 271 PLENER, Erinnerungen 1, S. 1–9. 272 Zur Karriere Kielmanseggs und zum Folgenden bereits Kapitel „Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus“. 273 Siehe HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 270 f., und WALTRAUD HEINDL, Caroline Pichler oder der bürgerliche Fortschritt. Lebensideale und Lebensrealität von österreichischen Beam- tenfrauen. In: Von Bürgern und ihren Frauen, hg. von Margret Friedrich und Peter Urbanitsch (= Bürgertum in der Habsburgermonarchie V, Wien/Köln/Weimar 1996), S. 197 f. 274 WERNER M. SCHWARZ, WALTRAUD ZIRNGAST, Angestellt in Wien. Ein Beitrag zur Sozialgeschichte Wiens im 19. Jahrhundert auf der Grundlage der Konskription im Jahr 1857. In: Wiener Geschichtsblätter 49 (1994), Tabelle 3, 14 und 15. 275 Geschichte der Familie Blühdorn, Manus, S. 6 –12 und 17 f., PA BLECHNER; auch HEINDL, Zum cisleithanischen Beamtentum, S. 1205 f.
zurück zum  Buch Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich"
Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Josephinische Mandarine