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2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede
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Erstellung des Stabilen Katasters für Niederösterreich, 1848 als „rechte Hand des
Ministerpräsidenten Pillersdorf“, hatte zwar selbst nicht in eine Beamtenfamilie
eingeheiratet, seine Frau Susanna Wilhelmina Fischer entstammte einer Fabrikan-
tenfamilie aus Pressburg (Poszony, Bratislava). Doch der Sohn Albano trat (vor
1848) in ein Kreisamt ein und zwei seiner drei Töchter, Wilhelmina und Paula,
heirateten Beamte. Die älteste Tochter Wilhelmina, Minna genannt (1821–1896),
ehelichte 1841 den Montanbeamten Josef von Russegger (als dessen zweite Frau),
Paula (geb. 1825) heiratete 1844 den Beamten Carl von Ottenfeld. Von Ottenfeld
wissen wir nicht sehr viel, außer dass er 1844 zum Offizial ernannt wurde und
mit seiner Frau in der Stallburg wohnte.276 Bestens unterrichtet sind wir über den
Montanbeamten Joseph Russegger (ab 1853 Ritter von, 1802–1863), der in seiner
Bedeutung für den Staatsdienst wohl dem Schwiegervater Peter von Salzgeber äh-
nelte. Er war einer jener Beamten, die durch die Vielseitigkeit ihrer Interessen das
Dasein eines Beamten mit dem eines Wissenschaftlers (Geologen) und Publizisten
verbanden. Er leitete im Auftrag der Regierung eine Expedition nach Ägypten,
Äthiopien und reiste quer durch Europa, er versah sein Amt als Bergrat und Berg-
und Salinenvizedirektor sowie als Direktor an den verschiedensten Dienststellen
in weit entlegenen Regionen der Monarchie (Tirol, Vorarlberg, Galizien, Oberun-
garn/Slowakei), er verfasste Bücher und wurde Mitglied der Österreichischen
Akademie der Wissenschaften.277 Dass sich im Übrigen die Beamtenfamilien sehr
gut mit der wirtschaftlichen, intellektuellen und künstlerischen Gesellschaft ihrer
Zeit zu vernetzen wussten, zeigen die Heiraten der dritten Tochter Camilla von
Salzgeber (1823–1905), die in erster Ehe den reichen Bankier Dr. August Blühdorn
heiratete, der im Auftrag des Staates am Bau der Semmeringbahn beteiligt war,
in zweiter Ehe verband sie sich mit dem in Lemberg geborenen Porträt-, Histo-
rien- und Genremaler Henryk von Rodakowski, der einen sehr guten Ruf genoss,
wohlhabend und sowohl in der österreichischen wie in der polnischen Gesell-
schaft gut integriert war.
Friedrich Kleinwaechter berichtet, dass in seiner Familie Statthalter, Sektions-
chefs, Ministerialräte, Hofräte, Generäle, Universitätsprofessoren zu finden ge-
wesen waren, die seiner Karriere recht dienlich waren – wie auch die Familien-
276 Brief Peter von Salzgebers an seine Tochter Minna Russegger vom 1. 1. 1844 und Briefe von
Wilhelmina von Salzgeber an ihre Tochter Minna Russegger vom 6. Jänner 1844, vom 4. Februar
1844 und vom 1. Oktober 1847, PA BLECHNER, Geschichte der Familie Blühdorn, Briefe,
Manus, S. 6, 10 f., 31 ff. und 43 f.
277 Brief Peter von Salzgebers an seine Tochter Minna Russegger vom 1. 1. 1844, PA BLECHNER,
Geschichte der Familie Blühdorn, Manus, S. 11 f.
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Josephinische Mandarine
- Untertitel
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Autor
- Waltraud Heindl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 336
- Schlagwörter
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277