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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 174 -
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V. Das soziale Umfeld 174 mitglieder anderer Kollegen diese gefördert hätten, wie er spitz, aber vermutlich wahrheitsgemäß hinzufügte.278 Auch der Junggeselle Ehrhart stammte väterlicher- und mütterlicherseits aus Beamtenfamilien mit Wurzeln in der Vergangenheit (so stammte zum Beispiel seine Großmutter aus der Familie Hormayr) – obwohl er die Möglichkeit eines positiven familiären Einflusses auf seine Karriere vollkom- men in Abrede stellte.279 Dass Heiraten und Verschwägerungen unter Beamtenfa- milien übliche Sitte waren, die auch in der sogenannten Provinz sorgsam gepflegt wurden und die verschiedensten Länder mit dem Zentrum Wien familiär verban- den, zeigen Memoiren aus dem Kronland Böhmen, zum Beispiel die verwandt- schaftlichen Beziehungen der Familien Matiegka und Markov-Jeřábkov.280 Famili- enbeziehungen schufen eine besondere Art der sozialen Distinktion. „Gut-bürgerliche“ Herkunft und der entsprechende Lebensstil waren jedenfalls in der Regel die unabdingbare Voraussetzung für eheliche Verbindungen der hö- heren Beamten. Es liegt auf der Hand, dass sich tradierte Formen des Umgangs, der Lebensstile, etwa der Erziehung der Kinder, der Gestaltung der Wohnungen, der Einladungen, der kulturellen Gewohnheiten fortsetzten oder in einer recht sanften unauffälligen Weise abgeändert oder erneuert wurden, weil die bürger- lichen Beamtenfamilien den Konventionen in besonderer Weise verbunden wa- ren. Es scheint mir nicht übertrieben, die Liebe zu Konventionen und Traditionen als besonderes Merkmal der Beamtenmentalität, als zum Beamtenhabitus gehörig zu bezeichnen (wovon später noch die Rede sein wird). Die „gute“ Familie bedeutete symbolisches Kapital für gesellschaftliche Bezie- hungen und für eine flotte Karriere. Dagegen scheint ein Adelsrang in Beamten- familien sicher ein gern gesehener Aufputz (von dem später noch die Rede sein wird), doch entscheidend hauptsächlich für den diplomatischen Dienst gewesen zu sein. Die Praxis der Ernennungen lief auf Selbstrekrutierung hinaus, aus der sich seit dem 18. Jahrhundert Beamtendynastien sowohl in Wien als auch in den Kronländern gebildet hatten, die untereinander und mit der übrigen „guten“ Ge- sellschaft wohl bekannt waren.281 In der zu Ende gehenden Monarchie meldeten sich Reformwillige, die den Be- amtenkörper einer kritischen Beurteilung unterzogen und zum Schluss kamen, er sei ein „eigener Mikrokosmos“ inmitten der übrigen Gesellschaft, eine abgeschlos- 278 KLEINWAECHTER, Der fröhliche Präsidialist, S. 12 und 16. 279 EHRHART, Im Dienste, S. 62–65, 100 und 360. 280 In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 293 und 333. 281 Siehe Kapitel „Die ,gut-bürgerliche‘ Gesellschaft“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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