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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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215 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital allein nicht ernähren zu können glaubten. Diese Furcht war gewiss nicht ganz unbegründet: Als noch arme, einflusslose Beamte kamen sie als Heiratskandidaten in gutbürgerlichen Häusern, die ihnen nach allgemeinen gesellschaftlichen Maß- stäben als geeignetes Milieu für eine Brautsuche erschienen sein mögen, wahr- scheinlich nicht sehr gut an. Die beiden bereits erwähnten Brüder Beck gingen erst in reiferen Jahren eine Ehe ein und fanden in gesellschaftlich akzeptierten Häusern ihre Ehepartnerin- nen. Josef heiratete 35-jährig Amalie Edle von Managetta, die zwar aus vornehmer Familie kam, aber kein Vermögen besaß, und Josef hatte Schulden. So kam es sehr bald zur Trübung des Eheglücks, die bis zur Trennung des Ehepaares führte. Die Frau zog mitsamt den Kindern zu einem wohlhabenden Onkel nach Graz, der ihr und den Kindern den geeigneten Lebensstandard bieten konnte, bis, wie er- wähnt, mehr als 20 Jahre nach ihrer Heirat beide Partner erbten, Josef Hofrat am Obersten Gerichtshof wurde und so die Verhältnisse gegeben waren, dass das Paar wieder in Wien-Währing zusammen wohnte, wo es, wie es scheint, ein friedliches Familienleben gab.403 Anton, der spätere Direktor der Staatsdruckerei, hatte mehr Glück. Er heiratete bekanntlich 40-jährig die 27-jährige, wohl äußerlich nicht sehr anziehende, dafür aber äußerst kluge, kommunikative und aus dem wohl- habenden großbürgerlichen Handelshaus Hagenauer in Triest (ehemals Salzburg) stammende Hersilie, die umsichtig Antons Haus, Familie, Vermögen und Kinder sowie die gesamte Verwandtschaft „verwaltete“.404 Im Allgemeinen waren um diese Zeit die Frauen bei ihrer ersten Eheschlie- ßung durchschnittlich um vieles (bis zu 20 Jahre) jünger als der Heiratskandi- dat. Allerdings waren in dieser Gruppe kaum Beamtentöchter vertreten, die meist ein höheres Heiratsalter aufwiesen. Vermutlich lag dies an der mangelnden Mit- gift, möglicherweise aber auch an der gerne geübten und auch weit verbreiteten Usance, Beamtentöchter wieder mit Beamten zu verheiraten, die eben erst in vor- gerückten Jahren „heiratsfähig“ waren. Die bereits erwähnte Frau des Franz An- derle, die Amtmannstochter Johanna Neisser, war allerdings 15 Jahre jünger, als sie mit nur 19 Jahren heiratete.405 Die Vorteile der Ehe „mit guten Beziehungen“ für die Karriere des Schwiegersohns liegen auf der Hand. Außerdem bot das bekannte Milieu weniger Risiko als andere soziale Gruppen. Man bewegte sich in bekann- ten Gefilden, und Beamte hatten wahrscheinlich – kaum anders als heute – ein 403 ALLMA�R-BECK, Vom Gastwirtssohn, S. 95–99. 404 ALLMA�R-BECK, Vom Gastwirtssohn, S. 111–118. 405 STOURZH, Eine mährische Juristenlaufbahn, S. 130.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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