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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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V. Das soziale Umfeld 224 der sogenannten Gründerzeit eine Reihe von anderen Gruppen gebildeter Bürger herangewachsen waren, die den beamteten Bildungsbürgern zur starken Konkur- renz wurden: Andere Berufsformationen hatten Chancen des Aufstiegs gewonnen, die sie auch zu nützen wussten. Professoren der neu reformierten Universitäten und Gymnasien, Techniker, Chemiker, Physiker und Manager von Unternehmen, Künstler, Banker sowie industrielle Angestellte hatten ein beträchtliches Sozial- prestige erreicht, sodass sie zumindest teilweise zur sogenannten zweiten Gesell- schaft gezählt werden konnten. Die Beamten waren eine Gruppe unter vielen an- deren geachteten bürgerlichen Gruppen geworden.433 Ohne Zweifel gehörten viele von ihnen nicht automatisch zur „zweiten Gesellschaft“. Von welchen sozialen Gruppen die „zweite Gesellschaft“ überhaupt konstitu- iert wurde, ist heute umstritten.434 Traditionsgemäß wurden dazu die Neugeadel- ten, die kleinadeligen Unternehmer, Beamten und Offiziere, gezählt. Die „zweite Gesellschaft“ wandelte sich allerdings so rasch wie alle anderen sozialen Schichten. In der Gründerzeit ist es einfacher zu definieren, wer nicht dazugehörte: Jedenfalls war nicht Teil dieser „zweiten Gesellschaft“ der alte (grundbesitzende) Adel, der unumstritten immer noch die „erste Gesellschaft“ repräsentierte. Zur „zweiten Gesellschaft“ gehörten sicherlich immer noch die oben genannten Kleinadeligen, auch die bürgerlichen durch Industrialisierung und Urbanisierung reich geworde- nen Großbürger, die führenden Ärzte, Rechtsanwälte und Professoren, die durch den Siegeszug der Professionalisierung an sozialem Prestige gewonnen hatten und dazu gehörten wohl auch die nicht reichen, aber einflussreichen Vertreter des Staa- tes, sowohl die Minister und Höchstrichter als auch die Mitglieder der Hochbü- rokratie, die Sektionschefs und die mit dieser Gesellschaft verwandten, versippten und eingeheirateten Beamten. Bei näherem Hinsehen sind die Widersprüche der zeitgenössischen sozialen Einschätzungen gar nicht so widersprüchlich: Zur „guten“ (zweiten) Gesellschaft gehörten die Vertreter des Kapitals, des Staates und der einflussreichen (alteinge- sessenen, nichtadeligen) Kreise. Ein Kriterium war sicher, ob diese Vertreter auch in den prominenten (zum Teil jüdischen) Wiener Salons, etwa der Amalia Szeps, Frau des Journalisten, Redakteurs, Zeitungsgründers und Freund des Kronprin- 433 HEINDL, Was ist Reform?, S. 173. 434 Dazu neuerdings HELMUT RUMPLER, Die Intellektuellen in Cisleithanien. In: Die Habs- burgermonarchie 1848–1918, IX: Soziale Strukturen, 1. Teil: Von der feudal-agrarischen zur bür- gerlich-industriellen Gesellschaft, Teilband 2: Von der Stände- zur Klassengesellschaft, hg. von Helmut Rumpler und Peter Urbanitsch (Wien 2010), S. 1136–1142, mit weiteren Literaturanga- ben.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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