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V. Das soziale Umfeld
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unternahm, dessen Obmann Höfken war.452 Zu den Vergnügungen gehörten die
Abhaltung von Picknicks, Spiel, Musik und Gesang auf den Wiesen. Die Abend-
unterhaltungen hätten, so Höfken, aus der Veranstaltung von Feuerwerken und
Tanz, Deklamationen, lebenden Bildern, Singspielen und Vorträgen bestanden.
Später gehörten Interaktionen in Vereinen, deren freie Gründung eine der Er-
rungenschaften der Verfassung von 1867 darstellte, und die entsprechende Ver-
einsarbeit zur Selbstverständlichkeit bürgerlicher Freizeitformen; schon die jungen
Söhne der Beamten suchten Studentenverbindungen auf. Im Verein fühlte man
sich unter gleichgesinnten Menschen mit gleichen Anschauungen und Zielen. Vor
allem wenn Heranwachsende im Haus waren, erleichterten die Vereine die Ein-
führung in die jeweilige Gesellschaft und die Programmgestaltung, für die gesorgt
werden musste. Tanzstunden und Bälle, an denen die jungen Leute üblicherweise
teilnahmen, gehörten dazu. Auch in den Kronländern widmeten sich Beamte
ähnlichen Freizeitaktivitäten.453 Die Rituale der Freizeit sollten sich bis zum Ende
der Monarchie kaum ändern.
Allerdings kamen um die Jahrhundertwende andere Formen der Entspannung
für die Mußestunden dazu. Bereits ab der Jahrhundertmitte wurde die Begeiste-
rung auch in Beamtenkreisen spürbar, die Alpen zu erobern. Der junge Minister-
sohn Ernst von Plener teilte das Faible der Zeit, war bereits in den 1860er-Jahren
ein begeisterter Bergsteiger, kletterte auf die hohen Tauernspitzen, Großglockner,
Großvenediger, er war einer der Ersten, die das Finsteraarhorn in der Schweiz
und den Mont Blanc in Frankreich bestiegen.454 Doch im Allgemeinen wurden
erst nach der Jahrhundertwende in der Hochbürokratie sportliche Betätigungen
modern, Männer und Frauen fuhren Rad, machten Hochgebirgstouren, spielten
Tennis, ruderten und schwammen.455 Bewusst oder unbewusst – auch der Sport
diente der Netzwerkbildung. Nur wenige Sportarten können allein ausgeübt wer-
den. Nur wenige spielen auch heute allein Golf!
Vor dem Ersten Weltkrieg konnte sich zumindest ein Teil der Beamtenfami-
lien angeblich Auslandsreisen gestatten. In den Erinnerungen ist von Reisen nach
Mailand, Marseille, Paris, Antwerpen, Köln, nach Konstantinopel, an die Ostsee,
452 Zum Folgenden „Aus meinem Tagebuch“ (Eintragung vom 14. August 1851), HHSTA., Nachlass
Höfken, Karton 2; siehe auch HEINDL, Gehorsame Rebellen, S. 314 ff.
453 Zum Beispiel FASSE in Laun (Louny). In: VOŠALÍKOVÁ, Von Amts wegen, S. 252 f.
454 PLENER, Erinnerungen 1, S. 24 f.
455 STREMA�R, Erinnerungen, S. 65; MARKOVÁ-JEŘÁBKOVÁ. In: VOŠALIKOVÁ, Von Amts
wegen, S. 350; MAX FREIHERR von MA�R, Geschichte der Familie Mayr, Manus, S. 151, PA
HENCKEL-DONNERSMARCK.
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Josephinische Mandarine
- Untertitel
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Autor
- Waltraud Heindl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 336
- Schlagwörter
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277