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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
Seite - 246 -
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VI. Inszenierungen 246 Meinung nach zum Ministeramt befähigten. Diese besonderen Qualitäten sind: „Verstand“, „administratives Talent“, „politische Bildung“, „Charakter“, „Ruhe“, „Ernst“, „Selbstbeherrschung“ und die richtige Art, „mit den Menschen umzugehen“.498 Damit gibt sie uns (unabsichtlich) das perfekte Bild der Grund- ausstattung, die zum idealen Beamten des Jahres 1848 gehörte. Sie verlangte aller- dings zusätzlich zu den Fähigkeiten und Tugenden auch Noblesse in Form von vornehmer Zurückhaltung einer Ministerkarriere gegenüber. Vordrängende „Ich- AGs“, von denen wir heute immer wieder lesen, wurden von Wilhelmina als we- nig elegant empfunden. Ein Vierteljahrhundert später beschreibt der junge Alexander Spitzmüller, der 1883 in die Hofkammerprokuratur eintreten durfte, seinen obersten Chef, Sekti- onschef Andreas von Baumgartner, als imposante Persönlichkeit und idealen Be- amten, weil er „unnachahmliche Würde“, „strenge Sachlichkeit“ und „profunde Sachkenntnis“ aufwies.499 Alexander Spitzmüller sollte selbst später als Leiter der Niederösterreichischen Finanzlandesdirektion der strikten Unparteilichkeit eines Beamten höchste Priorität einräumen. Er ging nach 1907, als sich Beamte im Zug des allgemeinen gleichen Männerwahlrechts bei Wahlwerbungen beteiligten, dis- ziplinär gegen sie vor, weil er eine politische Agitation für nicht vereinbar mit dem Status eines Beamten hielt.500 Dem bereits oft genannten Robert Ehrhart, der ca. zehn Jahre später als Spitzmüller in den Staatsdienst eintrat, genügten merkwür- digerweise diese Eigenschaften, Sachkenntnis, Charakter, Objektivität etc. nicht mehr, er verlangte von einem idealen Spitzenbeamten darüber hinaus Wendigkeit, Durchsetzungsvermögen sowie Einfluss und nennt Dr. Rudolf Sieghart als den perfekten Beamten. Sieghart hatte eine steile Beamtenkarriere über die nieder- österreichische Finanzlandesdirektion und das Finanzministerium zum Sektions- chef und Leiter des Präsidialbüros des Ministerpräsidenten absolviert, er wurde schließlich als Gouverneur in die Boden-Creditanstalt berufen. Auf allen Posten verfügte er über einen hervorragenden Einfluss, der Ehrhart offenbar imponierte: „Er war ein guter Österreicher, schielte nie über die Grenze, hatte keinerlei Ani- mositäten gegen Nationalitäten und Parteien. Wenn er auch bestrebt war, in seiner Tätigkeit die eigenen Fähigkeiten möglichst ins Licht zu stellen, so wollte er sie doch ehrlich für Kaiser und Reich einsetzen.“ So schätzte Ehrhart überra- 498 Wilhelmina Salzgeber an ihre Tochter Minna Russegger am 5. Mai 1849, PA BLECHNER, Zur Geschichte der Familie Blühdorn, Briefe, Manus, S. 62. 499 SPITZMÜLLER, „und hat auch Ursach’“, S. 27 f. 500 SPITZMÜLLER, „und hat auch Ursach’“, S. 72 f.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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