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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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257 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? Koerbers Plan die Bürokratie als Vehikel benützt worden, um mittels einer refor- mierten Bürokratie und Verwaltung den gesamten Staat und die Verfassung zu modernisieren. Auch Koerbers Gegenspieler Kielmansegg, der versuchte, Verbes- serungen in Verwaltung und Bürokratie einzuführen und sie effektiv umzugestal- ten, war ein Beamter im josephinischen Sinn, wenn auch seine Pläne von denen Koerbers sehr verschieden waren. Die Kommission zur Förderung der Verwal- tungsreform, die sehr spät, 1911, mit Ah. Handschreiben vom 22. Mai eingesetzt wurde und die über viele Details der Neugestaltung in den einzelnen Ministerien heftig debattierte, sind Exempel der zukunftsorientierten Reformfreudigkeit. Die ausführlichen Protokolle der Diskussionen und die umfangreichen Gutachten533 legen lebhaftes Zeugnis für die Reformfreudigkeit im Sinn Josephs II. ab, wenn sie auch letztlich scheiterte! Friedländers Charakterisierung des josephinischen Beamten zielte aber nicht nur auf Ausnahmeerscheinungen, sondern auf ein umfassenderes Bewusstsein und Amtsverständnis: Für die „typischen“ Elitebeamten, für ihre Mentalität und für ihr Verständnis, was einen guten Staatsdiener ausmachte,534 war entscheidend, dass für sie – wahrscheinlich ohne es zu wissen – das Beamtenethos Josephs II. immer noch als kategorischer Imperativ für ihr Berufsleben galt. Max von Hussarek-Heinlein (1865–1935), der vorletzte Ministerpräsident der Monarchie, selbst Jurist, Beamter und Universitätsprofessor für Kirchenrecht, der seine Laufbahn 1888 als Konzeptspraktikant in der niederösterreichischen Finanz- landesdirektion begonnen hatte, der neben und nach seiner Universitätslaufbahn 1897 Beamter im Ministerium für Cultus und Unterricht und Leiter für die An- gelegenheiten des katholischen Cultus, 1906 Sektionschef und 1911 Minister für Cultus und Unterricht wurde, war beispielsweise nach dem damaligen Dafürhal- ten des Publikums Josephiner, da er trotz seiner strikten katholischen Gesinnung ein Verfechter des Staatskirchentums und der kaiserlichen Rechte gegenüber der Kirche war.535 Der Josephiner Hussarek-Heinlein war es auch, der klar und deut- lich die Pflichtauffassung und Pflichterfüllung eines Beamten des beginnenden 20.  Jahrhunderts formulierte, die dem josephinischen Beamtenethos voll und ganz entsprach. In der Charakterisierung eines anderen kaiser- und verfassungs- 533 Ministerratspräsidium I/6C: Kommission zur Förderung der Verwaltungsreform 1911–1917 (15 Kartons und 45 Bände, siehe auch S. 164), ÖSTA.; DEAK, The Austrian Civil Service, S. 349–392. 534 Siehe Kapitel „Selbstinszenierungen“. 535 WILLIBALD M. PLÖCHL, Hussarek von Heinlein, Max Freiherr von. In: NEUE DEUT- SCHE BIOGRAPHIE 10 (1974), S. 86 f. [Onlinefassung]; URL: http://www.deutsche-biogra- phie.de/pnd118910930.html. (besucht am 1. Dezember 2011).
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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