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Josephinische Mandarine - Bürokratie und Beamte in Österreich
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281 VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes in den Königreichen und Ländern dieser Stern in der ausgehenden Periode der Monarchie wegen der politischen Eingriffe der Nationen und Parteien im Sinken begriffen war. Dank des starken Kastengeistes und der offenen Unterstützung des Souveräns wussten sie sich staatlichen und gesellschaftlichen Einfluss zu verschaf- fen. Ironie und Selbstironie, die dem Beamtentum als wesentlicher Charakterzug zueigen waren,613 resultierten aus Machtbewusstsein, der Erkenntnis um die Un- vollkommenheit des Apparates (und wohl auch der eigenen Amtshandlungen) sowie aus dem Wissen um ihre Kunst des Jonglierens mit Gesetzen und bürokra- tischen Prozessen. Ihr Stolz und ihre (nachgesagte) Arroganz kamen aus der Er- kenntnis ihrer Unentbehrlichkeit für das gesellschaftliche und staatliche System. Die Beamten verkörperten nach wie vor – je unübersichtlicher und unkalkulier- barer die sozialen und nationalen sowie die kulturellen Probleme und Konflikte wurden, desto mehr – das Prinzip von Rechtsstaatlichkeit. Angesichts dieses skizzierten Selbstverständnisses sowie der starken Prägung durch die Kategorien der Hierarchie und der sozialen Privilegierung, die sich die bürokratischen Eliten selbst anmaßten, fällt es nicht schwer, die Frage der dominanten Trennungslinien innerhalb der Beamtenmentalität zu beantworten. Die Frage erhebt sich nämlich, ob die nationale Ausdifferenzierung innerhalb der Gesellschaft, die in der Geschichtsschreibung der Habsburgermonarchie ein do- minantes Thema darstellt, innerhalb der Bürokratie die gleiche Rolle spielte. Ob die nationalen Kriterien als stärkster Identifikations- und Entscheidungsfaktor für die bürokratischen Eliten Priorität besaßen, wie sie für andere soziale Gruppen der österreichisch-ungarischen Monarchie im Allgemeinen angenommen werden. Die sozialen Grenzen innerhalb der Beamtenpyramide und die Abschottung nach außen, die als wesentliche Elemente der Bürokratie galten, wirkten bei den hohen Beamtenrängen mit einiger Sicherheit stärker als nationale Kategorien, die in dieser gehobenen Klasse des Beamtentums oft ignoriert wurden bzw. nicht vor- handen waren. Ein polnischer Sektionschef ging mit einem tschechischen, ita- lienischen oder deutsch-österreichischen Sektionschef anders, egalitärer, um als mit im Rang „unter“ ihm situierten Kollegen. Ein deutschsprachiger Sektionschef ging mit einem kroatisch- oder italienischstämmigen Sektionschef gemeinsam di- nieren. Dass er mit seinem Konzipisten (es sei denn, dieser kam aus dem hohen Adel) essen ging, ist schwer nachvollziehbar. Die hohen Beamten der Monarchie 613 Zum Beispiel FRIEDLÄNDER, Letzter Glanz der Märchenstadt, S. 72; auch stark betont in der Literatur: SCHMIDT-DENGLER, Der Herr im Homespun, S. 108; ZELGER, Das ist alles viel komplizierter, S. 377; siehe auch Kapitel „Selbstinszenierungen“.
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Josephinische Mandarine Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Josephinische Mandarine
Untertitel
Bürokratie und Beamte in Österreich
Autor
Waltraud Heindl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2013
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78950-5
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
336
Schlagwörter
Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 11
  2. I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
    1. 1. Theoretische Überlegungen 17
    2. 2. Die zwei Realitäten der Bürokratie 24
    3. 3. Definitionen, Details und Daten 26
  3. II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
  4. III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
    1. 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
    2. 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
    3. 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
    4. 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
    5. 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
  5. IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
    1. 1. Wandel der politischen Strukturen 85
    2. 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
    3. 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
    4. 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
    5. 5. Nationale Illustrationen 106
    6. 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
    7. 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
    8. 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
    9. 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
    10. 10. Generationenkonflikte um 1900 160
  6. V. Das soziale Umfeld 165
    1. 1. Beamte und bürgerliche Gesellschaft 165
    2. 2. Der Alltag im bürokratischen Leben oder die kleinen großen Unterschiede 168
      1. Soziale Distinktionen: Ausbildung, Karriere und Rekrutierung 170
      2. Äußere Zeichen – Für und Wider die Beamtenuniform 177
      3. Umgangsformen im Amt 180
      4. Arbeitszeit und Amtsräume 184
      5. Amtsroutine, Akten und bürokratische Skurrilitäten 187
    3. 3. Verbindende Gemeinsamkeiten – Amtsstil, Kanzleisprache und die Architektur der Amtsgebäude 190
    4. 4. Der private Alltag – das symbolische Kapital 198
      1. Amtsroutine im Privatleben? 198
      2. Bürgerlicher Lebensstandard?
      3. Die Grundbedürfnisse Essen und Wohnen 200
      4. Die Beamtenfamilie: Intimität und Öffentlichkeit 209
      5. Die „gut-bürgerliche“ Gesellschaft – Private Netzwerke 221
      6. Freizeitgestaltung als Netzwerkbildung 229
  7. VI. Inszenierungen 235
    1. 1. Literarische Inszenierungen – Fremdbilder 235
    2. 2. Selbstinszenierungen – Selbstzeugnisse 244
  8. VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
    1. 1. Typisch „josephinische“ Beamteneliten? 253
    2. 2. „Andersgläubige“, Sozialdemokraten und Künstler – ungewöhnliche josephinische Beamte? 260
    3. 3. Ein anderer ungewöhnlicher Beamter – Dr. Ludwig Ritter von Janikowski 267
  9. VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277
    1. Anhang 285
    2. Bildnachweis 285
    3. Abkürzungsverzeichnis 286
      1. I. Die Verwaltung und Organisation des österreichischen Kaiserstaates 287
      2. II. Entwicklung der Gehälter der höheren Beamten nach den Gehaltsreformen 288
    4. Quellen-und Literaturverzeichnis 290
    5. Archivalische Quellen 290
    6. Gedruckte Quellen 291
    7. Autobiografische Schriften 295
    8. Ausgewählte Roman- und Dramenliteratur 298
    9. Sekundärliteratur 299
    10. Sachregister 313
    11. Namenregister 317
    12. Ortsamenregister 321
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