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VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes
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klein gewordenen Republik anbot (und bis hinein in die Zweite Republik das
sozial-kulturelle sowie das politische Leben prägte).621 Die schöne Literatur, schon
ausführlich in dieser Studie zitiert, stellt den Beweis dar. Robert Musil, der die
„alte“ Bürokratie der Monarchie und die „neue“ der Republik selbst erfuhr, soll
abschließend noch einmal – wie bereits im Motto der Studie – zu Wort kommen,
da er den autoritären, von hierarchischem Denken bestimmten und ironisch-ar-
roganten, eben den bürokratischen Charakterzug in seinem Kakanienkapitel im
„Mann ohne Eigenschaften“ sehr eindrucksvoll auf den Punkt brachte:
„Und verwaltet wurde dieses Land in einer aufgeklärten, wenig fühlbaren, alle
Spitzen vorsichtig beschneidenden Weise von der besten Bürokratie Europas, der
man nur einen Fehler nachsagen konnte: Sie empfand Genie und geniale Un-
ternehmungssucht an Privatpersonen, die nicht durch hohe Geburt oder einen
Staatsauftrag dazu privilegiert waren, als vorlautes Benehmen und Anmaßung.
Aber wer ließe sich gerne von Unbefugten dreinreden! Und in Kakanien wurde
überdies immer nur ein Genie für einen Lümmel gehalten, aber niemals, wie es
anderswo vorkam, schon der Lümmel für ein Genie.“622
621 Über die Tradition des monarchischen Rechtsstaates WOLFGANG MANTL, Der öster-
reichische Rechtsstaat zwischen habsburgischer Tradition und europäischer Zukunft. In
Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung (Wien 2005),
S. 367–416.
622 MUSIL, Der Mann ohne Eigenschaften, S. 33.
Josephinische Mandarine
Bürokratie und Beamte in Österreich
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Josephinische Mandarine
- Untertitel
- Bürokratie und Beamte in Österreich
- Autor
- Waltraud Heindl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2013
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78950-5
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 336
- Schlagwörter
- Bürokratie, Beamte, Österreich, Österreich-Ungarn, nationale und politische Identitäten, Loyalitäten, Alltagskultur, Frauen im Staatsdiens, Image
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 11
- I. Bürokratie und Beamte – eine Spurensuche Versuch einer Einführung 17
- II. 1848 – ein Wendepunkt für die österreichische Bürokratie? 35
- III. Die Bürokratie und das neoabsolutistische Experiment 45
- 1. Diskussionen um die bürokratische Neugestaltung 45
- 2. Neue Strukturen und Arbeitsfelder. Die Liquidierung der Revolution auf dem Verwaltungsweg 47
- 3. Beamtenethos und Beamtenideal der neuen Ära 54
- 4. Ziviler Ungehorsam und staatliche Disziplinierung 60
- 5. Ausbildung, ökonomische Lage und sozialer Status vor 1867 66
- IV. Beamtentum und Verfassungsstaat – ein Neubeginn? 85
- 1. Wandel der politischen Strukturen 85
- 2. Staatsdiener – Staatsbürger. Neue politische Rechte – neue politische Probleme 87
- 3. Widersprechende Loyalitäten: zwischen Kaiser und Staat – Nation/en und Partei/en 90
- 4. Parteipolitische Konfliktszenen 99
- 5. Nationale Illustrationen 106
- 6. Traditionelle Karrieremuster gegen politischen Protektionismus 121
- 7. Soziale Privilegierung und dienstliche Disziplinierung: Streiflichter zu den ökonomischen und sozialen Verhältnissen 1873–1914 131
- 8. Die ungewohnte Neue: Frauen im Staatsdienst 147
- 9. Macht und Ohnmacht. Direkte und indirekte Einflussnahme 154
- 10. Generationenkonflikte um 1900 160
- V. Das soziale Umfeld 165
- VI. Inszenierungen 235
- VII. Josephinismus und Moderne um 1900 253
- VIII. Was blieb? – Anstatt eines Schlusswortes 277