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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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machtpolitischer Opportunität zu gestalten. Dies mag das starke Ausmaß an aktivem Konsens und passiver Teilnahme der »Vielen«152 zu einem gewissen Teil erklären.153 Demgegenüber stand der Widerstand der »Wenigen«154, der politisch mo- tiviert sein konnte (so zählten Kommunisten und Sozialdemokraten zu Wi- derständigen der ersten Stunde) oder auch religiös (neben Juden waren auch Angehörige verschiedener christlicher Religionsgemeinschaften von Verfol- gungsmaßnahmen betroffen) oder der sich aus mitmenschlichen und weltan- schaulichen Gründen heraus bei Menschen mit verschiedensten sozialen Hin- tergründen manifestierte (sogar in bürgerlichen Kreisen regte sich mitunter Widerstand, man denke nur an die Geschwister Scholl).155 Sowohl die ideologischen »Hardliner« als auch die Widerständigen machten prozentuell gesehen jedoch nur einen kleinen Anteil der Bevölkerung aus. Tat- sächlich wird die Position der »schweigenden Mehrheit«156 irgendwo zwischen den beiden Polen der vollständigen Ablehnung oder Zustimmung zu verorten sein.157 Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Feststellung, dass das individuelle Ver- halten im täglichen Leben durchaus von Ambivalenzen geprägt war (so wie es das heute noch ist). So waren etwa »Nicht-PGs« unter Umständen loyal und umgekehrt.158 Zudem war es möglich, im alltäglichen Leben abweichendes Verhalten an den Tag zu legen, ohne dabei den grundsätzlichen Konsens in Frage zu stellen. Dieses Verhalten äußerte sich etwa »in der Teilnahme an kirchlichen Prozessionen, im ›Nörgeln‹ hinter vorgehaltener Hand, im Verwenden von ›Grüß Gott‹ anstatt ›Heil Hitler«159. Die Differenzierungsbestrebungen der neueren historischen Forschung er- reichten auch deren Analysen zum Widerstand, die ihren Blick nunmehr verstärkt auf individuelle Nonkonformitäten und Dissens im Alltag, auf partielle Distan- zierungen von Vereinnahmungen und Zumutungen durch das Regime richten.160 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich der Nationalsozialismus nicht allein als Diktatur mit einer ausschließlichen Wirkung »von oben nach unten«161 interpretieren lässt. Nicht nur die »aktiven Nazis« oder die Widerstandskämpfer, sondern auch die »Vielen« sind als historische Akteure zu begreifen. 152 Ebd., S.  197. Auch bei : Bauer, Mobilisierung, S.  288. 153 Vgl. Langthaler, Die tägliche Mobilisierung, S.  183. 154 Garbe, Institutionen des Terrors, S.  519. 155 Vgl. ebd., S.  555  fff. 156 Wippermann, Autobahn zum Mutterkreuz (Begriff wird bereits im Untertitel des Buchs ein- geführt : »Historikerstreit der schweigenden Mehrheit«). 157 Vgl. Schildt, Jenseits der Politik, S.  254. 158 »PG«  =  Abk. für »Parteigenosse«. Vgl. ebd., S.  251  f. 159 Langthaler, Die tägliche Mobilisierung, S.  197. 160 Vgl. Bauer, Mobilisierung, S.  289. 161 Vgl. ebd., S.  318. Ähnlich bei Bajohr, Zustimmungsdiktatur, S.  121. 40 | Einleitung Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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