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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Auch hier galt es, althergebrachte Traditionen zu überwinden und neue For- men zu finden. Die Wiener Gruppe hatte schon seit den 1950er Jahren versucht, an die von den Nationalsozialisten verfemten Avantgarden des frühen 20.  Jahr- hunderts anzuknüpfen und sich gleichzeitig von der völkischen Idiomatik vo- rangegangener Dekaden abzugrenzen. Dieses »antifaschistische Programm«350 sollte über eine neue Sprache zum Ausdruck gebracht werden, die sich allge- mein über bisherige Konventionen hinwegsetzte und den »Materialaspekt«351 von Sprache in ihren Mittelpunkt stellte : Sprache sei demnach als optisches und akustisches Material zu verstehen, mit dem gearbeitet werden könne. Die Tech- niken der Wiener Gruppe umfassten das Montieren vorgefundener Sprachteile, das Variieren eines Wortstocks nach seriellen Prinzipien oder auch die Verwen- dung des Dialekts als Mittel der klangästhetischen Verfremdung.352 Dieser neue, experimentelle Umgang mit Sprache spiegelte sich etwa in H.  C. Artmanns Dialektgedichten oder Ernst Jandls visueller Lyrik wider. In Berufung auf die Ideen Ludwig Wittgensteins sollten die Wechselwirkungen von Sprachge- brauch und Denkformen einer Gesellschaft deutlich werden.353 In diesem Milieu der von Künstlern inszenierten Provokation, der durch Li- teratur vermittelten Sprachskepsis und des gesellschaftlichen Aufbruchs sozia- lisierte sich Elfriede Jelinek als Autorin und verfasste ihre frühen Texte, die in methodischer Hinsicht bereits als richtungsweisend für ihr späteres Werk gelten können. Zu ihrer literarischen Selbstvergewisserung, aus der heraus sich ihre spezifische Schreibweise habe entwickeln können, sei Jelinek mit ihrem 1970 erschienenen Essay »Die endlose Unschuldigkeit« gelangt, so Janz. Der Essay rekurriert vorwiegend auf zeitgenössische (mediale) Bezüge : »fernsehen ist heute so etwas wie das massenkommunikatorische über ich. es hat die vergesellschaftung übernommen als das technisch fortgeschrittenste medium… die werbung in zeitschrift und massenmedien sowie die sogenannten familienserien… und kurzfilme dieser sparte haben den karakter von kontrollinstanzen. von harter lenkung durch einsicht …«354 Handke, Klaus Hoffer, Barbara Frischmuth und Wolfgang Bauer ; in späteren Jahren kamen Gert Jonke, Gerhard Roth, Michael Scharang und eben Elfriede Jelinek dazu. 350 Vgl. Janz, Elfriede Jelinek, S.  1. 351 Doll, Mythos, Natur und Geschichte, S.  13. 352 Vgl. ebd., S.  13. 353 Vgl. Wittgenstein, »Philosophische Untersuchungen«. 354 Jelinek, Die endlose Unschuldigkeit, S.  52  f. 69 Poetologische Einführung  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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