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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 124 -
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phisto«-Roman verarbeitet hat, der von der Karriere des Schauspielers Gustaf Gründgens in der NS-Zeit handelt.92 Insgesamt scheinen Emotionen und Eigenverantwortung für Schorsch keine Rolle zu spielen  – schließlich ist er ist nur eine »Schablone«. Allein die Möglichkeiten, die sich ihm und den beiden anderen schauspielenden Familien- mitgliedern durch die Gegebenheiten des Regimes offenbaren und Ruhm sowie hohen Verdienst versprechen, scheinen für ihn von Interesse zu sein. Auch Neid spielt offenbar eine Rolle : Schorsch : Wann i denk, was die Röckling und der Schnuppi vadient hoben nailich bei ihnarem Auftritt im Kazett. Stacheldraht und Suchscheinwerfer gaben eine reiz- volle Kulisse ab für ein menschliches wie kinstlerisches Ereignis. Knackwurst !93 Was mit den Menschen, die in dem betreffenden »Kazett« inhaftiert sind, passiert, ist für Schorsch demnach nicht nur wurst, sondern sogar »knack- wurst«  – eine ästhetische Verunstaltung Jelineks einer umgangssprachlichen Redewendung als Mittel der Ironisierung : Hier sollen die vorgeblich künstle- rischen Ambitionen ihrer Figur destruiert werden. Mit »Röckling« dürfte die Schauspielerin Marika Rökk gemeint sein, auf die auch an einer anderen Stelle des Texts angespielt wird94, mit »Schnuppi« Johannes (»Jopi«) Heesters  – zwei Schauspieler, die, ebenso wie Paula Wessely und die Hörbiger-Brüder, im nati- onalsozialistischen Deutschen Reich erfolgreich Filme drehten und deren Kar- rieren auch nach 1945 nahezu nahtlos, ohne nennenswerte Konsequenzen oder Maßnahmen der Entnazifizierung, weitergingen. Im zweiten Teil des Stücks, der 1945 situiert ist, als der Krieg bereits als verloren gilt, verabschiedet sich Schorsch genauso schnell vom »braunen Spuk«95, wie er ihn zunächst als Gegebenheit akzeptiert hatte. Wahre Iden- tifikation mit der Weltanschauung der Staatsmacht war demnach zu keinem Zeitpunkt gegeben. Stattdessen wiederentdeckt er plötzlich seine Liebe fürs »Hoamatl«96 Österreich und lässt sich kurz vor Kriegsende mithilfe eines Tricks als angeblicher Widerstandskämpfer inhaftieren, womit er nach seiner Freilassung prahlt : 92 Vgl. theoretische Auseinandersetzungen zu diesem Themenkomplex, etwa : Rathkolb, Führer- treu und gottbegnadet, oder auch : Wulf, Theater und Film im Dritten Reich. Vgl. auch Klee, Kulturlexikon zum Dritten Reich. 93 BT, S.  156. 94 Vgl. BT, S.  150. 95 BT, S.  179. 96 BT, S.  132. 124 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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