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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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siert«104 er sich selbst. Zugleich verweist der in Variationen wiederkehrende Satz (»Bin nur ein Komödiant !«105, »War nur ein Komödiant.«106, »Bin jo nur ain Komödiant !«107) auf den Titel eines österreichischen Kinofilms, der 1935 unter der Regie von Erich Engel gedreht und mit Publikumslieblingen wie Rudolf Forster, Christl Mardayn und Hans Moser besetzt war.108 So unbescholten, wie Istvan zunächst daherkommt, ist er aber natürlich nicht. Er wirkt zwar unscheinbar, vor allem im Vergleich zu seinem Bruder Schorsch, der eindeutig den Ton angibt, ist aber doch durchdrungen von der nationalsozialistischen Idiomatik. Ständig zitiert er aus verschiedensten Film- und Theaterrollen und stellt diese auch mimisch dar, wie nebenbei kaut er dabei Parolen vom wiedererwachten Deutschland oder vom wackeren Führer wieder (»Die heilige Energie des Vul- kes. Daitschlond erwoche !«109 oder »Mein Fiehrer befiehl, mir folgen dir !«110). Durch das Herbeizitieren von Film- und Dramentiteln und die körpersprach- liche Darstellung verschiedener Rollen, zum Teil mitten im Gespräch, wirkt er wie ein etwas weggetretener, vielleicht obsessiver, alles in allem aber harmloser Künstler. Genau dieses Bild will Jelinek jedoch durchbrechen, was ihr vor allem durch den starken Widerspruch zwischen Sprech- und Aktionsebene gelingt.111 Während Käthe etwa mit Schorsch diskutiert, der die Anpassung an das neue Regime für die weitere berufliche Karriere einfordert, gibt Istvan  – so die Re- gieanweisung Jelineks  – »etliche Erfolgsnummern aus seinen beliebten Filmen stumm zum Besten«112 und fordert Käthe auf : Istvan (…) : Tua schön zuhörn, Käthe, tuast halt zuhörn und machst es dann nach, gö ja. Der Schorschi weiß schon, was gut is, fier uns und fier die ondaren. Der hot seine Beziehungen zu Berlin, die was er spielen laßt, damits eahm spün lossn. Schrammeln. Eindringlich : Schrammeln !113 Er formuliert damit die seiner Meinung nach notwendigen Strategien für eine berufliche Karriere im nationalsozialistischen Deutschen Reich : Anpassung 104 Terminologie von Barthes, vgl. Kapitel  1.4.3 dieser Studie. 105 BT, S.  132. 106 BT, S.  137. 107 BT, S.  169. 108 Titel des Films : »… nur ein Komödiant«. Vgl. Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  54. 109 BT, S.  135. 110 BT, S.  141. 111 Vgl. Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  53. 112 BT, S.  132. 113 BT, S.  132. 126 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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