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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Prätext (Grillparzer) Hornek : (…) Allein, was not tut und was Gott gefällt, Der klare Blick, der offne, richtge Sinn, Da tritt der Österreicher hin vor jeden, Denkt sich sein Teil und läßt die andern reden ! O gutes Land ! O Vaterland ! Inmitten Dem Kind Italien und dem Manne Deutschland, Liegst du, der wangenrote Jüngling, da : Erhalte Gott dir deinen Jugendsinn, Und mache gut, was andere verdarben !232 Posttext (Jelinek) Schorsch u. Istvan (alternierend) : Allein, was nottut und was Klotz gefällt. Der klare Blick, der offne richtge Zuge- winn. Da seicht der Österreicher hin vor Sa- mojeden. Denkt sich sein Teil und läßt den Groß- sulz reden. O gutes Gland, o Vaterland ! Verrot- tend zwischenem Kind Italien und dem Spengler Nacktbrand … liegst du, der wangenrote Klüngling da  … Erhalte Gott dir deinen Ludersinn ! Und eingriffe gut, was andere versar- gen !233 232233 Durch die direkte Gegenüberstellung kann sichtbar gemacht werden, dass Jelinek Horneks Rede nahezu wörtlich exzerpiert, jedoch minimale Veränderungen an einzelnen Wörtern vorgenommen hat : Da wird »Gott« zu »Klotz« (entsprechend dem sprichwörtlichen »Klotz am Bein«), der »Sinn« zum »Zugewinn« (der Op- portunist denkt nicht über Sinn oder Unsinn seines Handelns nach, sondern nur über seine persönliche Gewinnmaximierung), der »Jugendsinn« zum »Lu- dersinn« (Österreich als Luder, vermutlich wegen der unterstellten Anbiederung des austrofaschistischen Ständestaats ans Deutsche Reich) oder »verdarben« zu »versargen« (eine Anspielung auf die Ermordeten des NS-Regimes). Rhythmus und Phonetik der Wörter bleiben auf diese Weise weitestgehend bestehen oder verändern sich nur minimal, die Semantik jedoch wird in eine gänzlich andere Richtung gelenkt. Grillparzers Originaltext kann zwar vom Rezipienten bzw. vom Theaterpublikum wiedererkannt werden, gleichzeitig aber werden die me- tasprachlichen Konnotationen (mit-)rezipiert, die Jelineks »Burg theater«-Stück wie einen roten Faden durchziehen und im krassen Gegensatz zu Grillparzers ursprünglichen Intentionen stehen : Der Vorwurf des selbstgewählten menschli- chen und nationalen Niedergangs, der zum Zwecke der persönlichen Bereiche- rung von den Figuren hingenommen wird, destruiert Grillparzers »Loblied auf Österreich«. Warum aber der starke Konnex zu gerade diesem Grillparzer-Stück ? 232 Grillparzer, König Ottokars Glück und Ende, S. 414 f. 233 BT, S.  134. 148 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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