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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 153 -
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Auch hier bedeutet das einzelne Wort zumeist nichts, arbeitet der Dichter vor- wiegend auf der assoziativen Ebene : So ergeben die groß geschriebenen An- fangsbuchstaben von »Sa-Atz zu Sa-Atz« (sonst konsequente Kleinschreibung) die Abkürzung für die paramilitärische Kampforganisation der NSDAP, »SA« (»Sturmabteilung«), der »knie-ender« steht für deren Uniformierung mit halb- langen Stiefelhosen etc. Offensichtlicher sind jedoch die Bezüge zu den deutschsprachigen Klassi- kern, neben Grillparzer wiederholt auch zu Goethe und Schiller, etwa wenn der Alpenkönig (ganz faustisch) reklamiert : »Hier bin ich nur Österreicher, hier darf ichs sein.«250 Oder wenig später : »Hier bin ich Mensch, hier darf ichs sein.«251 Die parodistische Verfremdung deutschsprachiger Klassiker in Jelineks »Burg theater« verweist nach Hochholdinger-Reiterer sowohl auf die im Natio- nalsozialismus praktizierte Instrumentalisierung humanistisch-klassischen Ge- dankenguts als auch auf die nach dem Krieg vielfach gepflogene retrospektive Interpretation der Klassikerpflege als Akt des inneren Widerstands.252 Zudem war es unter Baldur von Schirach, ab 1941 Gauleiter und Reichs- statthalter von Wien, kulturpolitische Linie, Volkstheater spielen zu lassen, was nach 1945 gerne als Widerstand gegen das NS-Regime umgedeutet wurde.253 Das »Volk«, das im Nationalsozialismus rassisch definiert wurde, findet sich in vielen Textbeispielen aus dem Jelinek-Stück wieder : So beschwört etwa Istvan im ersten Teil (1941) noch die »heilige Energie des Vulkes«254, dieses schließt sich am Ende, 1945, auf Istvans Vorschlag hin zu einem »einig Vulk von Geg- na«255 zusammen  – der Volksbegriff taugt also nicht viel : Vielmehr wird mit ihm Heterogenes, Widersprüchliches »zu falscher Ganzheit verschleimt«256, so Lengauer. Akteur dieses Vorgangs seien in Jelineks Stück die dargestellten Volks- und Staatsschauspieler, Käthe, Istvan und Schorsch, die bisweilen als willenlose Reiter auf den mit ihnen durchgehenden Zitaten und Assoziati- onen erscheinen.257 Im Folgenden sind Beschwörungen des deutschen Volks und der deutschen Sprache durch Paula Wessely in »Heimkehr« wiedergegeben, die Jelinek in ih- rem »Burg theater«-Stück wiederholt aufgriff. Wessely spielte in diesem Film die »Volksdeutsche« Marie Thomas : 250 BT, S.  145. 251 BT, S.  148. 252 Vgl. Hochholdinger-Reiterer, Amok, S.  56. 253 Vgl. Annuß, Theater des Nachlebens, S.  61. 254 BT, S.  135. 255 BT, S.  183. 256 Lengauer, Jenseits vom Volk, S.  219. 257 Vgl. ebd. 153 »Burg theater«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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