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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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Marie Thomas : Leute, heimkommen werden wir bestimmt ! Denkt daran, wie schön es dann sein wird, wenn alles um uns herum wieder deutsch sein wird ! Wenn ihr in ein Geschäft geht, hört ihr niemals mehr Jiddisch oder Polnisch, nur noch Deutsch. Und nicht nur das Dorf, in dem wir leben, wird deutsch sein, alles, alles ! Wir wer- den im Herzen Deutschlands leben ! (…) Und ringsum schlagen Millionen deutscher Herzen. Es wird uns ganz wunderlich sein ums Herz … Denn wir leben nicht nur ein deutsches Leben, wir sterben auch einen deutschen Tod. Und tot bleiben wir auch deutsch und sind ein Stück von Deutschland. Und ringsum singen die Vögel und alles ist deutsch.«258 Wiederum finden sich in »Burg theater« nahezu wörtliche Wiedergaben dieses filmischen Monologs (inklusive orthografischer Verfremdungen), etwa wenn Istvan im zweiten Teil versucht, die hysterische Käthe zu beruhigen : Istvan reißt sie brutal zurück : Wir werden heimkehren ! Wozu jammern und fragen. Es wird doch alles gut ! Käthe sabbert. In unsarem Bette wird unser Herz pletzlich wissen : Ringsum schlagen Millionen dait- sche Herzen ! Daheim bist du, endlich daheim !259 Auch kurz vor Schluss, als die Protagonisten bereits dazu übergegangen sind, die »braune Brut«260 zu verdammen, verfällt Käthe noch in die Ausdrucksweise des Films, als sie beklagt, dass der Russe ihr »Burgteatta« bezwungen habe : Käthe … : Haltets eahm auf ! Ringsum schlagen nämlich Millionen deutsche Her- zen.261 Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in Jelineks »Burg theater« jede »Österreicharie«262 als Mythos der scheinbaren Unschuldigkeit verworfen wird und jegliche Zuschreibung eines österreichischen Nationalcharakters auf der Ebene der österreichischen Nachkriegsgesellschaft nur als Vorwand für die Op- ferthese interpretiert werden kann. Anhand der nicht-entnazifizierten Sprache im Unterhaltungsbereich der 1950er Jahre will Jelinek diesen Missbrauch offen- legen. Aufgrund der Dichte von Zitaten und Subtexten ist ein spontanes Rezep- 258 Textpassage aus dem Film »Heimkehr«, gesprochen von Paula Wessely in der Rolle der Ma- rie ThomaS. Abgedruckt in : Janke, Nestbeschmutzerin, S.  171. 259 BT, S.  164. 260 BT, S.  178. 261 BT, S.  187. 262 Löffler, Ludersinn, S.  220. 154 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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