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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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wenn diese für die Autorin nur Mittel zum Zweck, ihre Kritik an einer vom Faschismus vereinnahmten Sprache, darstellten. In den meisten anlässlich des »Burg theater«-Skandals verfassten Artikeln wurde zwischen den realen Perso- nen und den Figuren im Stück ohnehin nicht mehr unterschieden.286 Lengauer schreibt treffend von einer »tratschmäßigen Verknüpfung«287 der Jelinek’schen Figuren mit der Biografie wirklicher österreichischer Schauspieler und verweist auf die Bedeutung des historischen Rahmens, den Jelinek andeutet. Die oben ausgeführten Assoziationsketten und die daraus resultierenden Verbindungen zu den Realpersonen müssen aber zweifelsohne als gewollt verstanden werden, auch wenn die Figuren in dem Stück zugleich als exemplarisch gelten können. Die Attackierte, Paula Wessely selbst, reagierte auf die Uraufführung von »Burg theater« in Bonn und die daraufhin einsetzende Medienschlacht letztlich mit folgender Stellungnahme, die sich aufgrund ihrer bemühten Sachlichkeit »wohltuend von dem Sprachunflat ihrer Boulevardpresse-Verteidiger unter- schied«288 : »Ich will mich nicht mit dem Stück der Frau Jelinek auseinandersetzen, werde es aber sicher nicht verbieten lassen. Wohl aber setze ich mich mit der Rolle auseinander, die ich damals in der NS-Zeit gespielt habe : Ja, es tut mir leid, daß ich damals nicht den Mut aufgebracht habe, zurückzuweisen, daß sich dieses Regime mit mir brüstet ; daß ich nicht den Mut gefunden habe, die Dreharbeiten zu ›Heimkehr‹ abzubrechen. Viel- leicht habe ich aber doch einiges von dem wiedergutgemacht, indem ich konkreten Menschen, jüdischen Kollegen und Freunden, in dieser Zeit konkret geholfen habe.«289 Tatsächlich gab es Interventionen von Paula Wessely und Attila Hörbiger, mit denen diese versuchten, jüdische Freunde, etwa den Josefstadt-Regisseur Paul Kalbeck oder den Ehemann Hermine Ehrensteins, Alexander Ehrenstein, vor der Verfolgung (Berufsverbot, Enteignung, Inhaftierung) des NS-Regimes zu schützen.290 Bei offiziellen Auftritten und Äußerungen achtete das Ehepaar hingegen streng auf die politisch opportune Linie.291 Es muss zudem festgestellt wer- den, dass Paula Wessely eine der erfolgreichsten und bestbezahltesten Darstel- lerinnen des nationalsozialistischen Deutschen Reichs war. Bereits seit 1934 286 Vgl. Steiner, Die verdrängten Jahre, S.  178. 287 Lengauer, Jenseits vom Volk, S.  217. 288 Rathkolb, Führertreu und gottbegnadet, S.  261. 289 Paula Wessely in einem Interview, zitiert nach : profil, Nr.  48, 1985, S.  16. 290 Vgl. Steiner, Die verdrängte Vergangenheit, S.  87–92. 291 Vgl. ebd., S.  87. 160 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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