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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 171 -
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Wessely offen angewidert als »Natürlichkeitsschleim«360 bezeichnete : ein in ih- rem literarischen Werk rekurrenter Ausdruck, mit dem sie auf den sich unauf- haltbar (wie Schleim sich) ausbreitenden ubiquitären Faschismus aufmerksam machen will.361 »Der Engel mit der Posaune« wurde im Jahr 1948 vom Publikum zum bes- ten Film des Jahres gewählt.362 Die Uraufführung habe laut Spiegel-Bericht »ans Herz gegriffen«363, manche der eleganten Damen hätten sich die verlau- fene Schminke aus dem Gesicht tupfen müssen.364 Die Darsteller  – neben Paula Wessely waren auch Attila und Paul Hörbiger zu sehen, daneben andere Pub- likumslieblinge des deutschsprachigen Nachkriegsfilms (Helene Thimig, Maria Schell, Erni Mangold, Hedwig Bleibtreu, Hans Holt)365  – hätten sich zu einem Ensemble zusammengefunden, »wie es selten in so dichter Gemeinsamkeit ge- sehen worden ist«366. Jelineks »Burg theater« ist ein Theaterstück, das offensichtlich und unverhoh- len aus der Nachkriegsperspektive geschrieben wurde : Die »Images der Ge- genwart«367 wurden von der Autorin mit voller Absicht in die Textproduktion integriert, denn auch in diesem frühen Theatertext Jelineks geht es nicht darum, mit literarischen Mitteln historische Rekonstruktion zu betreiben, sondern viel- mehr um die in sprachliche Ausweichmanöver verpackte Reflexion dieser Zeit. Die von Jelinek in dieser Form gewählte Auseinandersetzung mit der Pro- blematik der persönlichen Schuld Einzelner muss daher als legitim bezeichnet werden, denn bei all der Aufregung rund um die Uraufführung in Bonn ging es schließlich nie alleine um die Kritik an diesen österreichischen Publikumslieb- lingen, sondern vielmehr um die Frage, wie die Zweite Republik Österreich mit der Frage nach der persönlichen Involvierung von österreichischen Künstlern in das NS-Regime umging und -geht. Im konkreten Fall stellt sich vor allem die Frage nach persönlicher Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit der Teil- nahme an der nationalsozialistischen Kulturindustrie. Auf diese Frage gibt Je- lineks »Burg theater« eindeutige Antworten : »Das Stück destruiert den Mythos vom unpolitischen Künstler und denunziert seine Figuren nicht bloß als Mitläu- fer und Opportunisten, sondern als ideologische Vollstrecker des Holocaust.«368 360 Jelinek, zitiert nach : http://www.elfriedejelinek.com (Zugriff am 20.11.2007). 361 Vgl. Kapitel  1.6.2 dieser Studie. 362 Vgl. http://www.film.at/der_engel_mit_der_posaune (Zugriff am 5.3.2011). 363 Der Spiegel, Nr.  35, 1948. 364 Vgl. ebd. 365 Vgl. http://www.film.at/der_engel_mit_der_posaune (Zugriff am 5.3.2011). 366 Der Spiegel, Nr.  35, 1948. 367 Annuß, Theater des Nachlebens, S.  64. 368 Janz, Elfriede Jelinek, S.  64. 171 »Burg theater«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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