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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 179 -
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den wolle, sei zum intertextuellen Lesen gezwungen, das seinerseits auch wieder durch Jelineks spezifische Verfahren erschwert werde : »Schon dieses Diktat zum â€șLesen mit Bleistiftâ€č provoziert bei vielen, auch professio- nellen, Lesern Abwehr. Zudem reicht die Vertrautheit mit einem literarischen â€șKanonâ€č nicht aus : Jelinek referiert nicht auf einen Hypotext oder mehrere, die miteinander kompatibel wĂ€ren, sondern auf viele disparate Hypotexte unterschiedlicher Provenienz, Wertung und Ideologie, von Kanon bis Pop.«414 Die Kritik zeige sich schließlich der einhelligen Meinung, dass der Roman keine nacherzĂ€hlbare Fabel habe.415 Und das hat er  – im herkömmlichen Sinne  – tat- sĂ€chlich nicht, auch wenn ein ungefĂ€hres HandlungsgerĂŒst auszumachen ist. Wer die LektĂŒre von »Die Kinder der Toten« dennoch bewĂ€ltigen will, muss daher die eigene Erwartungshaltung an den Text hinterfragen und gegebenen- falls korrigieren, denn auch der »professionelle Leser« muss sich letztlich damit zufriedengeben, dass viele der Intertexte nur assoziativ rezipiert werden können und auch das Plot nicht immer eindeutig herausgelesen werden kann. Diese Problematik ist auch an den vorhandenen Unsicherheiten in der Se- kundĂ€rliteratur erkennbar. Als Beispiel seien hier die divergierenden Todesarten einer der untoten Hauptfiguren, Karin Frenzel, genannt, die bei Pontzen und LĂŒcke angeboten werden : Bei Pontzen wird Frenzel bei einem BusunglĂŒck lebensgefĂ€hrlich verletzt, liegt hernach im Koma, versinkt in einem Wildbach und erliegt schließlich ihren Verletzungen. Bei LĂŒcke kommt Frenzel bereits bei dem Busunfall ums Leben, stĂŒrzt »aber vielleicht doch« in den Wildbach, wie die Autorin einrĂ€umt.416 So paradox es erscheinen mag : Beide Autorinnen haben irgendwie Recht. Jelineks offen-assoziative Schreibweise lĂ€sst tatsĂ€chlich beide Interpretationen zu, wobei an dieser Stelle darauf hingewiesen werden muss, dass kein konkreter Hinweis darauf gefunden werden konnte, dass Karin Frenzel nach dem Verkehrsunfall ins Koma fĂ€llt. LĂŒcke versĂ€umt außerdem die ErwĂ€hnung, dass es vermutlich eine Art Verdoppelungsfigur ist, die den »anderen« Tod stirbt. Jelineks Roman lebt  – noch mehr als jeder andere Jelinek-Text  – von An- deutungen, Assoziationen, Kalauern und Vergleichen, wird von sprachlichen sowie inhaltlichen SprĂŒngen, BrĂŒchen und Schnitten bestimmt.417 Was sich an Handlung ereignet, ereignet sich nicht im Sinne von Spannungsaufbau oder 414 Ebd., S.  53  f. 415 Vgl. ebd., S.  55. Vgl. dazu Kapitel  3.2.1 dieser Studie. 416 Vgl. LĂŒcke, Elfriede Jelinek, S.  98. 417 Vgl. Mayer/Koberg, Ein PortrĂ€t, S.  202. 179 »Die Kinder der Toten«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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