Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 235 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 235 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Bild der Seite - 235 -

Bild der Seite - 235 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text der Seite - 235 -

»Aus dem Fleischhaufen … der österreichischen Städte, die es mit ihren Völkern immer schon toll getrieben haben, sind drei Personen herausgefischt worden…«761 »… das Unheimliche beginnt die Erde zu umkreisen, nachdem es zuvor in Deutschland und Österreich heftig herumgeschnuppert hat, bis in die letzten Winkel und Ritzen hinein. Seit diese Länder ihre Totenfabriken geschlossen haben, haben sie sich mehr aufs Empfinden verlegt, das ist die Medienmedizin, die sie uns jeden Abend in die Augenschluchten eintropfen.«762 In zuletzt zitiertem Textausschnitt ist in einem Satz sowohl thematisch als auch sprachlich sehr vieles enthalten, das im Laufe des Romans in immer variier- ten Formen wiederkehrt : das »Unheimliche«, das im Zusammenhang mit dem möglichen Bezug zu Freud angesprochen wurde und hier anthropomorphisiert dargestellt ist  – es erinnert damit an die unheimliche, transzendentale Macht, die stets über all dem Geschehen wacht und uns »am Genick«763 fasst, wenn wir nicht damit rechnen. Darüber hinaus sind Österreich und Deutschland, die Hauptaggressoren des Zweiten Weltkriegs, in dieser Passage explizit erwähnt. Die »Totenfabriken« verweisen auf die Gaskammern und Schornsteine jener Konzentrationslager, die als »Vernichtungslager« traurige Berühmtheit erlang- ten. Dieser Hinweis kann als eindeutig erachtet werden, auch wenn hier auf das assoziative Textverständnis abgezielt wird : Die Schornsteine von Fabriken er- innern an die Schornsteine der Konzentrationslager, in welchen die Gastoten massenweise verbrannt wurden, was Betroffenen-Berichten zufolge einen cha- rakteristischen süßlichen Geruch verbreitet haben soll. Vermehrte Hinweise auf einen süßlichen Gestank finden sich im Roman vor allem ab Seite 437, die Mure ist zu diesem Zeitpunkt bereits kräftig angewachsen und macht sich be- reit, die steirische Landschaft zu überfluten : »Ein gewisser, ihnen aus älteren Hirnschichten bekannter Geruch lastet über dem Ort, wo kommt er nur her ? Als hätte ein Abdecker etwas aus seinem Lkw gekippt. Es ist niemand zu sehen, aber der Gestank ist geblieben, er wird sogar stärker, ist da eine Zu- ckerlfabrik ? Die Leute lachen in ihrer Vereinsmeierei, sie warens nicht …«764 761 KDT, S.  28. 762 KDT, S.  54. 763 KDT, S.  13. 764 KDT, S.  437. 235 »Die Kinder der Toten«  |
zurück zum  Buch Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek