Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 258 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 258 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Bild der Seite - 258 -

Bild der Seite - 258 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text der Seite - 258 -

Presse sprecher und Sekretär, öffentlich emotionale Zusammenbrüche zeigte, die auf mehr als nur eine berufliche Zusammenarbeit schließen lassen konnten. So habe er den »Mann seines Lebens« verloren, klagte Petzner unter anderem.907 Haiders tatsächlicher sexueller Orientierung soll im Rahmen dieser Analyse nicht weiter nachgegangen werden, sie ist nicht von Belang. Von Interesse ist hier aber, dass Jelinek die wiederholten Anspielungen auf eine mögliche Homo- sexualität Haiders in das Setting für ihr Stück übernommen hat. Damit trägt sie dem ambivalenten Umstand Rechnung, dass die Haider-FPÖ zum einen mit homophilen Codes operierte, zum anderen aber Homosexualität vor dem Ge- setz nicht als gleichwertige Lebensform akzeptierte und in Wahlkämpfen sogar Stimmung gegen Lesben und Schwule machte. Im Nationalsozialismus wurden Homosexuelle als »Untermenschen« verfolgt und in Lagern oder Gefängnissen interniert (und dies, obwohl auch namhafte NS-Größen als homosexuell galten bzw. sich zum Teil auch in NS-Kreisen offen dazu bekannten, beispielsweise SA-Stabschef Ernst Röhm908, den Hitler allerdings 1934 liquidieren ließ).909 Eine Anerkennung von Homosexuellen als Verfolgte des Nationalsozialismus im Opferfürsorgegesetz ist jedoch in Österreich bis heute nicht erfolgt, nicht zuletzt deshalb, weil sich Teile der FPÖ sowie der ÖVP gegen eine Novellierung des Gesetzes sperren. »Angst und Vorurteile sind die schärfsten Waffen der Wahlkämpfe«910, erkennt der Journalist und Haider-Kritiker Hans-Henning Scharsach. Und so hatte auch die FPÖ in den 1990er Jahren mit Vorurteilen gegen Homosexuelle um Stimmen gebuhlt : So bezeichnete etwa der freiheitliche Generalsekretär Walter Meisch- berger das von Heide Schmidt gegründete Liberale Forum, das sich für den Aus- bau der Rechte von Schwulen und Lesben stark machte, als »Schwuchtelpartie«. Haider selbst soll 1996 in seiner Funktion als Klubobmann die Abgeordneten seiner Partei dazu verdonnert haben, gegen die Angleichung des Schutzalters an heterosexuelle Partnerschaften zu stimmen, obwohl sich zuvor einige der freiheit- lichen Abgeordneten für die Liberalisierung eingesetzt hatten.911 Die Abwesenheit eines weiblichen Parts, wie sie Jelinek in ihrem Theatermo- nolog vorführt, legitimiert die Überhöhung der (männlichen) Führerfigur sowie die Organisation in männlich-patriarchalen Hierarchien. 907 Vgl. etwa Jan Feddersons taz-Artikel »Jörg Haiders Witwer  – Die Tränen von Stefan Petzner«, online abrufbar unter : http://www.taz.de/ !24855 (Zugriff am 4.10.2012). 908 Vgl. Theweleit, Männerphantasien  2, S.  331. 909 Vgl. Kapitel  1.4.1 dieser Studie. 910 Scharsach, Haiders Kampf, S.  15. 911 Vgl. den einschlägigen Artikel des profil-Redakteurs Herbert Lackner, bei profil-online ab- rufbar unter : http://www.profil.at/articles/0843/560/223477/joerg-haiders-leben-der-um- gang-sexualitaet (Zugriff am 6.10.2012). 258 | Lektüre- und Deutungsvorschläge Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
zurück zum  Buch Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek