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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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das, was Haider sagte, juristisch nicht verfolgbar : Anständige Menschen zu lo- ben, die zu ihren Überzeugungen stehen, ist nach dem Wiederbetätigungsgesetz nicht strafbar. Menschen, die zu ihrer nationalsozialistischen Überzeugung ste- hen, öffentlich zu bestärken und anzuerkennen, hingegen schon : »Das Verbotsgesetz bedroht jeden mit Strafe, der ›irgendwie‹ für nationalsozialistische Ziele wirbt. Schon die ›Verharmlosung‹ ist strafbar.«986 Auch Haiders Eltern waren in der Regel bei den Ulrichsbergtreffen anwesend. Dass sie trotz Entnazifizierung ihrer Gesinnung nicht abgeschworen hatten, darf also vermutet werden. Jelineks Haider-Figur ruft in »Das Lebewohl« im- mer wieder den Vater an und beklagt dessen schweres Schicksal (»Mein Vater noch ganz im Joch des Leidens eingeschirrt…«987). Außerdem verspricht er, den Vater, dem Unrecht angetan wurde, zu rächen. In diesem Zusammenhang findet sich das Motiv des Orest’schen Muttermordes wieder  – eine Demonstration patriarchaler Machtausübung : »Rache für den Vater ! Tötet das Land, tötet die Mutter, tötet sie…«988 »Vater ! Zweifach, dreifach, vielfach werden wir jetzt Erhöhten die Schuld dir bezahlen, nicht wahr, Knaben ?«989 Bei Jelinek wird der archaische Muttermord des Orest zum Mord am Land selbst, das die Stelle der Mutter einnimmt : »Mutter ! Wir sind Zeugen gewesen, wie die Frauenlist des Landes meinen Vater ver- riet, das Land : eine Frau.«990 Zum Ende hin wird das antike Rache-Phantasma immer dichter und drängen- der, Erlösung heißt nun immer mehr »Rache nehmen für den Vater«, womit Jelinek die eigene traumatische Biografie Haiders in den Vordergrund stellt.991 Die in »Das Lebewohl« dargestellte Systematik, in der die Aggression von außen heraufbeschworen oder gar eine (bewusste) Verschiebung von Opfer-Tä- 986 Scharsach, Haiders Kampf, S.  7. 987 LW, S.  33. 988 LW, S.  26. 989 LW, S.  33. 990 LW, S.  27. Vgl. dazu Lücke, Gespenster, S.  117. 991 Vgl. Lücke, Gespenster, S.  117. 271 »Das Lebewohl«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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