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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 275 -
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dessen problematischem Verhältnis zur Geschichte schlug der »schwarz-blauen« Regierung allerdings großer Protest entgegen : Zehntausende Österreicher gin- gen auf die Straße, um an Demonstrationen gegen das Schüssel-Haider-Kabi- nett teilzunehmen, auch Elfriede Jelinek.1003 Bundespräsident Thomas Klestil nahm die Angelobung der neuen, schwarz-blauen Regierung nur mit demonst- rativem Unwillen vor. Die (damals) 14  anderen EU-Staaten sowie die Tschechi- sche Republik belegten Österreich gar mit diplomatischen Sanktionen, welche die bilateralen Beziehungen des Landes vorübergehend einschränken sollten.1004 In Folge der massiven Proteste, die vor allem dem  – zum Teil auch im Aus- land  – umstrittenen FPÖ-Obmann Haider galten, entschied sich dieser über- raschend zum Rückzug aus der Bundespolitik und übergab mit tränenerstickter Stimme die Obmannschaft Anfang Februar 2000 an Parteikollegin Susanne Riess-Passer. Etwa einen Monat später erschien Haiders persönliche Stellung- nahme zu seinem Rücktritt in News : »Glücksgefühl nach bangen Stunden«. Diesen Text nahm Jelinek, wie am Beginn dieses Kapitels bereits dargelegt, zum Ausgangpunkt für ihren Haider-Monolog »Das Lebewohl«. Mit Haiders Auf- zeichnungen habe sich ihr die Sprache förmlich in die Hand gegeben, so Jelinek : »… ein Geschenk des Himmels, so etwas bekommt man nicht oft.«1005 Am 22.  Juni 2000 wurde »Das Lebewohl« als Auftakt einer regierungskriti- schen »Wiener Donnerstagsdemo«1006 am Ballhausplatz im Beisein der Autorin von dem Schauspieler Martin Wuttke verlesen. Etwa 1.200  Zuschauer verfolg- ten Wuttkes Darbietung, die mit Kärntner Liedern eingeleitet wurde.1007 Die Uraufführung am Theater fand noch im Dezember desselben Jahres statt : »Das Lebewohl« wurde am Berliner Ensemble in der Inszenierung von Ulrike Ot- tinger gezeigt (für österreichische Bühnen hatte Jelinek ein Aufführungsverbot ihrer Stücke verhängt, das bis 2002 aufrecht blieb). Auch in der Berliner Insze- nierung schlüpfte Martin Wuttke in die Rolle des rechtspopulistischen österrei- chischen Politikers.1008 Dieser hatte offen auf eine Regierungsbeteiligung der FPÖ hingearbeitet und bereits Mitte der 1990er Jahre seinen Anspruch auf die Kanzlerschaft angemel- det. 1003 Vgl. Janke, Nestbeschmutzerin, S.  147–150. 1004 Zur »Wende« vgl. den sehr interessanten, mit Begriffen aus der Psychoanalyse operierenden Essay von Michael Fleischhacker, Die Wende zur Hysterie, oder auch das Buch zum Thema von Gerfried Sperl, Der Machtwechsel. 1005 Jelinek, zitiert nach : Janke, Nestbeschmutzerin, S.  148. 1006 Die Wiener »Donnerstagsdemos« wurden aus Protest gegen die Bildung der Regierungskoa- lition von ÖVP und FPÖ über zwei Jahre hinweg wöchentlich abgehalten. 1007 Vgl. Janke, Nestbeschmutzerin, S.  147. 1008 Vgl. ebd., S.  149. 275 »Das Lebewohl«  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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