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reflektiert werden können. In diesem Sinne wurde das »WiedergÀngertum des
Faschismus«16 als Konstante und zentraler Gegenstand ihres Werks erkannt ;
nicht nur als Thema, sondern auch als Fixpunkt ihrer Methodik.
Um nun die chiffrierten, metasprachlichen Ebenen der hoch Àsthetisierten
Texte Jelineks aufspĂŒren zu können, wurde in dem folgenden Kapitel eine Aus-
einandersetzung mit verschiedenen Definitionen des wichtigen »Intertextuali-
tÀts«-Begriffs unternommen und dessen PraktikabilitÀt in Hinblick auf die Inter-
pretation von Jelinek-Texten untersucht. Die »IntertextualitÀt« wurde allgemein
als Bezugnahme von Texten auf andere Texte definiert, wobei verschiedenste
Spielformen dieser Bezugnahme auszumachen sind. In diesem Zusammenhang
wurde davor gewarnt, die IntertextualitÀt mit den rhetorischen Figuren Zitat
und Anspielung zu verwechseln, was sogar innerhalb der Jelinek-Forschung
mitunter der Fall ist. Als Fazit der Diskussion ĂŒber die IntertextualitĂ€t als Ana-
lysemethode konnte herausgearbeitet werden, dass zwei grundlegende Kompo-
nenten gegeneinander abgewogen werden mĂŒssen : zum einen das in manchen
FĂ€llen offensichtlich von der Autorin gewollte Herstellen von BezĂŒgen zu PrĂ€-
texten, die sie in satirischen, sprachkritischen Verfahren zu destruieren sucht,
zum anderen das in anderen FĂ€llen herausgeforderte assoziative Rezeptions-
verstĂ€ndnis, welches das Decouvrieren zahlloser PrĂ€texte ad absurdum fĂŒhren
wĂŒrde. Im Rahmen dieses abschlieĂenden theoretischen Kapitels wurde daher
eine modifizierte Anwendung der IntertextualitÀt als Methode vorgeschlagen,
mit der offenkundigen und/oder markierten BezĂŒgen zu bestimmten PrĂ€texten
zwar nachgegangen wird, weil sie das TextverstÀndnis erhellen können, auf der
anderen Seite aber dem assoziativen Erleben Raum gegeben wird.
Zur exemplarischen Analyse im empirischen Teil dieser Studie ausgewÀhlt
wurden die beiden Theatertexte »Burg theater« und »Das Lebewohl« sowie Je-
lineks groĂer Roman »Die Kinder der Toten«. Es zeigte sich, dass die Texttie-
fenstrukturen der untersuchten Beispieltexte in vielen Aspekten den im ersten
Teil dieser Studie auseinandergesetzten Theorien von Faschismus und Opfermy-
thos entsprechen bzw. diese in literarisch Àsthetisierter Form aufgreifen und
weiterfĂŒhren, manchmal aber auch verwerfen.
In Bezug auf Jelineks frĂŒhes TheaterstĂŒck »Burg theater« (1982/84) wurden
zwei DeutungsvorschlÀge aus der Theaterwissenschaft, die den PrimÀrtext in
seine wichtigsten Kontexte betten, im Besonderen erwĂ€hnt.17 DarĂŒber hinaus
wurde fĂŒr die Analyse auch auf feuilletonistische BeitrĂ€ge zurĂŒckgegriffen, die
als Reaktion auf die ErstauffĂŒhrung des StĂŒcks in Bonn 1985 entstanden waren
und in erster Linie das Skandalon thematisierten, dass die Autorin mit den Fi-
16 LĂŒcke, Elfriede Jelinek, S. 7.
17 Hochholdinger-Reiterer, Amok, sowie AnnuĂ, Theater des Nachlebens.
284 | ResĂŒmee
Open Access © 2017 by BĂHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KĂLN WEIMAR
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Eine historiografische Untersuchung
- Titel
- Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
- Untertitel
- Eine historiografische Untersuchung
- Autor
- Sylvia Paulischin-Hovdar
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20325-4
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 328
- Schlagwörter
- Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 7
- 1. Einleitung 11
- 2. Methodische Reflexion 99
- 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
- 3.1 »Burg theater« 108
- 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
- 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
- 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
- 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
- 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
- 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
- 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die groĂe Anklage 245
- 3.3 »Das Lebewohl« 247
- 4. ResĂŒmee 279
- 5. Epilog â Wir warenâs nicht ? 296
- 6. Anhang 299
- 7. Register 319