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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
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hĂ€nge des PrimĂ€rtexts herausarbeitet und dessen wichtigste Intertexte benennt, aufgrund der KĂŒrze jedoch wenig textimmanente Interpretation anbieten kann.29 Die in der vorliegenden Arbeit angebotene Deutungsvariante fokussiert auf Jelineks spezielle Darstellungsweise von Faschismus und Opfermythos, die hier im Gewand eines neuen, gefĂ€hrlichen Rechtspopulismus prĂ€sentiert werden. Der Protagonist des StĂŒcks, unverhohlen eine Anspielung an den inzwischen tödlich verunglĂŒckten FPÖ-/BZÖ-Politiker Jörg Haider, kĂŒndigt seinen RĂŒck- zug aus der Bundes- in die Landespolitik nach KĂ€rnten an und verabschiedet sich in einem 26  Seiten langen Monolog von seiner AnhĂ€ngerschar : schönen, stummen Knaben. Der Abschied beinhaltet jedoch die AnkĂŒndigung einer ful- minanten Wiederkehr und wird damit als strategischer Schachzug eines politi- schen Taktierers entlarvt. Die Analyse einleitend wurde auf die von der Autorin explizit benannten Re- ferenztexte des Monologs hingewiesen : Aischylos’ antikes Atriden-Drama »Die Orestie« sowie Jörg Haiders persönliche Stellungnahme zu seinem RĂŒcktritt als FPÖ-Parteiobmann mit dem Titel »GlĂŒcksgefĂŒhl nach bangen Stunden«. Es wurde außerdem festgehalten, dass die auffĂ€lligste formale Besonderheit des Texts darin besteht, dass Jelinek mit ihrer Hauptfigur, dem Sprecher, eine konkrete Person abbildet, was ihrem Ă€stethischen Programm, wonach sie ent-personalisierte, mitunter sogar ent-lebendigte Charaktere schafft, zuwiderlĂ€uft  – eine Ausnahme. Im Rahmen der Interpretation konnte gezeigt werden, dass Jelinek den ver- menschlichten Mythos Haider StĂŒck fĂŒr StĂŒck abtrĂ€gt. ZunĂ€chst ist die Sze- nerie bemerkenswert, die das so genannte »Dritte Lager« als homoerotischen MĂ€nnerbund zeigt, in dem alles Weibliche entbehrlich scheint, auch im Se- xuellen. Jelineks Haider-Figur wird als homophiler Narziss dargestellt, der im Monolog seine durch den politischen RĂŒckzug entstandenen Wunden leckt. Die Strategie der homophilen SelbstprĂ€sentation dient dabei der gottĂ€hnlichen Überhöhung der FĂŒhrergestalt in einem MĂ€nnerbund  – und als solcher wird Haiders »Burschenpartei«30 begriffen, die stets auf vermeintliche Tugenden wie VirilitĂ€t, Volksgemeinschaft, Kameradschaft und Militarismus pochte. Durch die Szenerie in »Das Lebewohl« wird dieses Bild konterkariert und die Figur des Sprechers lĂ€cherlich gemacht. Des Weiteren ist es vor allem die manipulative Sprachverwendung des rechts- populistischen Politikers, die Jelinek in ihrem Monolog aufdeckt : Mit eindeu- tigen Anspielungen auf allgemein bekannte und umstrittene Haider-Zitate, die sie  – ihrem Destruktionsverfahren gemĂ€ĂŸÂ  – in unvermutete ZusammenhĂ€nge bettet oder an aussagekrĂ€ftiger Stelle verfremdet, macht die Autorin deutlich, 29 Vgl. Kapitel  3.3.1 dieser Studie. 30 Darunter wird die FPÖ der 1990er und beginnenden 2000er Jahre verstanden. 289 Zusammenfassung der Ergebnisse  |
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Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, IntertextualitÀt
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : AnnĂ€herung an eine »synthetische KĂŒnstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische EinfĂŒhrung 67
      1. 1.6.1 Jelineks Àsthetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur IntertextualitÀt 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. LektĂŒre- und DeutungsvorschlĂ€ge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die ErzÀhlinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten SekundÀrliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. ResĂŒmee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 InterdisziplinÀre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 PrimÀrliteratur 300
      2. 6.1.2 SekundÀr- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-BeitrÀge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
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