Web-Books
im Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Geschichte
Historische Aufzeichnungen
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung
Seite - 294 -
  • Benutzer
  • Version
    • Vollversion
    • Textversion
  • Sprache
    • Deutsch
    • English - Englisch

Seite - 294 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Bild der Seite - 294 -

Bild der Seite - 294 - in Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung

Text der Seite - 294 -

sie Jacques Le Goffs bereits Ende der 1970er Jahre formulierten Anspruch nach, eine Auseinandersetzung mit Geschichte zu leisten, wie sie Menschen gelebt und erlebt hatten.48 Die »Historische Anthropologie«, die sich seitdem rund um dieses Forschungsfeld im deutschsprachigen Raum formierte, versammelt eine Vielzahl methodischer Ansätze. Gemeinsam ist ihnen ihr Interesse am Menschen und dessen Wahrnehmungs- und Deutungsschemata im Wandel der Zeit.49 Genau diesen spürt auch die Literatur Elfriede Jelineks nach, denn darin geht es, wie im empirischen Teil der vorliegenden Analyse gezeigt wurde, in erster Linie nicht um die Rekonstruktion von Geschichte, sondern vor allem um deren retrospektive Betrachtung und Bewertung, die anhand spezifischer Sprachverwendungsformen reflektiert werden. In diesem Sinne befördert das Jelinek’sche Œuvre nicht nur ein empathisches Verständnis für historische Vor- gänge und Ereignisse, sondern rückt darüber hinaus Vielschichtigkeiten und Ambivalenzen in den gesellschaftlichen, politischen, aber auch wissenschaft- lichen Diskursen ins Bewusstsein. Und darin besteht der besondere »Mehr- wert«50 von Literatur für die geschichtswissenschaftliche Forschung : nicht die Rekonstruktion von Geschichte betreiben zu wollen, sondern das Sprechen über Geschichte in seinen mannigfaltigen Diskursformationen ausleuchten zu kön- nen. Es braucht aber methodisch reflektierte Verfahren, um ästhetisierte Texte für das wissenschaftliche Arbeiten »bändigen« zu können, denn die Literatur muss sich bekanntlich nicht an festgelegte Spielregeln halten, wie sie für das wissenschaftliche Arbeiten unumgänglich sind. Gerade Elfriede Jelinek ist eine Autorin, die ihre Texte bewusst stark ästhetisiert, die mit Assoziationen, Bildern und Metaphern arbeitet  – eben um im Moment der sprachlichen Verfremdung Klarheit und Sensibilisierung zu erreichen (»Success in Circuit lies«51). In methodischer Hinsicht sind daher zwei Feststellungen zu treffen, die ein Forschungsdesiderat bezeichnen, das sich sowohl an die germanistische als auch an die historische Forschung richtet. Zum einen gilt : Es ist und bleibt eine Notwendigkeit, sprach- und literatur- wissenschaftliche Verfahren zur Textinterpretation heranzuziehen ; es hat sich aber im Rahmen der vorliegenden Studie als fruchtbar erwiesen, das Instrumen- tarium der neueren Geschichtswissenschaft in diese zu integrieren, um kontex- tuelle Dimensionen von literarischen Texten und damit auch deren Bedeutungs- vielfalt besser erfassen und beschreiben zu können. 48 Vgl. Le Goff, Neue Geschichtswissenschaft, Vgl. dazu auch Burghartz, Historische Anthropo- logie, S.  206. 49 Vgl. Burghartz, Historische Anthropologie, S.  206. 50 Hanisch, Ein Historiker als Leser von Dichtung,S.  166. 51 Dickinson, Gedichte, S.  410. Vgl. das lyrische Motto dieser Studie. 294 | Resümee Open Access © 2017 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
zurück zum  Buch Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek - Eine historiografische Untersuchung"
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek Eine historiografische Untersuchung
Titel
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek
Untertitel
Eine historiografische Untersuchung
Autor
Sylvia Paulischin-Hovdar
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2017
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20325-4
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
328
Schlagwörter
Elfriede Jelinek, Nationalsozialismus, Faschismus, Opfermythos, Dekonstruktion, Intertextualität
Kategorien
Geschichte Historische Aufzeichnungen

Inhaltsverzeichnis

  1. Vorwort 7
  2. 1. Einleitung 11
    1. 1.1 Inhalte und Ziele 12
    2. 1.2 Forschungsstand 16
    3. 1.3 Darstellung der Gliederung 20
    4. 1.4 Diskussion der zentralen Begriffe 22
      1. 1.4.1 »Faschismus« 23
      2. 1.4.2 »Nationalsozialismus« 36
      3. 1.4.3 »Mythos« nach Roland Barthes 41
      4. 1.4.4 Der Begriff »Opfermythos« 43
    5. 1.5 Elfriede Jelinek : Annäherung an eine »synthetische Künstlerbiografie« 55
    6. 1.6 Poetologische Einführung 67
      1. 1.6.1 Jelineks ästhetische Position : »Tradition des Sezierens« 67
      2. 1.6.2 Destruktion des Opfermythos : »Das ist mein Angelpunkt« 79
  3. 2. Methodische Reflexion 99
    1. 2.1 Zur Intertextualität 100
    2. 2.2 Darstellung der angewandten Methodik 105
  4. 3. Lektüre- und Deutungsvorschläge 107
    1. 3.1 »Burg theater« 108
      1. 3.1.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 108
      2. 3.1.2 Formales, Setting und Plot 112
      3. 3.1.3 Die Figuren : »Sprachschablonen« 115
      4. 3.1.4 Die Sprache : ein Mythos 143
      5. 3.1.5 Die Rezeption : ein Skandal 155
      6. 3.1.6 Die Wessely/Hörbigers : eine Potenzierung des Opfermythos 158
    2. 3.2 »Die Kinder der Toten« 173
      1. 3.2.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 173
      2. 3.2.2 Formales, Setting und Plot 181
      3. 3.2.3 Referenzen und Intertexte 186
      4. 3.2.4 Die Erzählinstanz als multiperspektivische Kunst- und Kippfigur 203
      5. 3.2.5 Der Opfermythos als perfides Geflecht nationaler Mythen 213
      6. 3.2.6 »Die Kinder der Toten« : Die große Anklage 245
    3. 3.3 »Das Lebewohl« 247
      1. 3.3.1 Zur verwendeten Sekundärliteratur 247
      2. 3.3.2 Formales, Setting und Plot 250
      3. 3.3.3 Der Sprecher : Destruktion eines vermenschlichten Mythos 252
      4. 3.3.4 Entstehungskontext und Rezeption 274
  5. 4. Resümee 279
    1. 4.1 Zusammenfassung der Ergebnisse 280
    2. 4.2 Interdisziplinäre Zusammenschau : Zum »Mehrwert« von Literatur 291
  6. 5. Epilog – Wir waren’s nicht ? 296
  7. 6. Anhang 299
    1. 6.1 Literaturverzeichnis 300
      1. 6.1.1 Primärliteratur 300
      2. 6.1.2 Sekundär- und Referenzliteratur 301
      3. 6.1.3 Zeitungen und Zeitschriften 316
      4. 6.1.4 Filme und TV-Beiträge 317
      5. 6.1.5 Internet-Seiten 317
    2. 6.2 Abbildungsverzeichnis 318
  8. 7. Register 319
    1. 7.1 Personenregister 319
    2. 7.2 Sachregister 321
Web-Books
Bibliothek
Datenschutz
Impressum
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Der Opfermythos bei Elfriede Jelinek