Seite - 18 - in Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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18 Neue illustrierte Welt · Einleitung März 1938 schließlich kommt es auch in der „Ost-
mark“ zu systematischen Verfolgungen und Vertrei-
bungen. Das nationalsozialistische Regime bedeutet
das Ende für eine liberale, demokratische Zeitungs-
kultur. Einem Teil der Pressefotografen jüdischer
Herkunft gelingt die Flucht, andere kommen in den
nationalsozialistischen Konzentrations- und Vernich-
tungslagern ums Leben.20 Eine Reihe von Zeitungen
wird gezwungen, ihr Erscheinen einzustellen, andere
ändern ihren Namen und ihre politische Ausrichtung.
Die meisten jüdischen Fotografen, die Deutschland
1933 verlassen, flüchten nach Frankreich, England,
Palästina und vor allem in die USA.
Die Jahre 1933 und 1938 markieren für Deutsch-
land und Österreich also eine tief greifende Zäsur in
der Entwicklung der illustrierten Presse. Nach 1945
kann kaum eine illustrierte Zeitung unmittelbar an
die Vorkriegsentwicklung anknüpfen, praktisch alle
Bildillustrierten der deutschen und österreichischen
Nachkriegszeit sind Neugründungen. In personeller
Hinsicht freilich gibt es deutliche Kontinuitäten zwi-
schen der NS-Presse und den illustrierten Zeitungen
der Nachkriegszeit.21
Was bisher geschah:
Zeitungsbilder in der Forschung
Als in den 1890er Jahren die ersten gedruckten
Fotos in den Wochenzeitungen auftauchen, stellt das
für das Publikum zunächst keine große Sensation
dar.22 Denn auch noch in den folgenden Jahren wer-
den besonders dramatische Ereignisse in Form von
Zeichnungen festgehalten. Der Aufstieg der Pressefo-
tografie erfolgt nicht schlagartig, sondern über einen
längeren Zeitraum hinweg. Spätestens am Ende des
Ersten Weltkrieges hat sich der Fotodruck gänzlich
durchgesetzt. Die Auflagen der illustrierten Zeitun-
gen steigen in den 1920er Jahren steil an – allein die
führende Berliner Illustrirte Zeitung (BIZ) erreicht
1929 mit einer Auflage von 1 892 270 gedruckten
Exemplaren pro Woche einen weltweiten Rekord
(Abb. 6, 7).23
In den späten 1920er Jahren, einer Phase beispiel-
losen Erfolgs der illustrierten Presse, kommt es zu
den ersten intensiven Debatten über die Folgen die-
Abb. 6 „Die Papier-Rollen
für den Druck einer einzigen
Nummer der Berliner Illus-
trirten Zeitung füllen
einen
Güterzug von 35 Wagen zu je
10
000 Kilo.“
Berliner Illustrirte
Zeitung, 13.
Juli
1930, S.
1268.
Abb. 7 Druckmaschinen im
Ullstein-Pressehaus, auf denen
die Berliner Illustrirte Zeitung
gedruckt wird. Berliner Illus-
trirte Zeitung, 12. Juni 1927,
S.
981. Foto: Emil Leitner.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Untertitel
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Autor
- Anton Holzer
- Verlag
- Primus Verlag
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Abmessungen
- 23.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang