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153Der
sozialdemokratische Kuckuck
Zeitungsprojekte werden in einer Phase enormer po-
litischer Mobilisierung von links und rechts gegrün-
det, in der beide politischen Lager mit allen Mitteln
versuchen, die ideologische Oberhoheit zu erlangen
bzw. zu verteidigen. Die illustrierte Presse gilt in den
Jahren um 1930 als avanciertes Medieninstrument,
um in diesem Kampf die breite Masse der Bevölke-
rung zu erreichen. Ein Blick nach Deutschland zeigt,
dass ab Mitte der 1920er Jahre die Auflagenkurven
der illustrierten Zeitungen steil nach oben zeigen.41
Diesen Rückenwind machen sich die beiden Neugrün-
dungen zunutze. Aber es gibt noch weitere Gründe,
die für einen Neubeginn in der illustrierten Presse
sprechen. Die turbulenten Jahre der Inflation und
der Wirtschaftskrise sind überwunden, der Staat hat
sich konsolidiert, die Bevölkerung blickt ab Mitte der
1920er Jahre für kurze Zeit recht optimistisch in die
Zukunft. Der sozialdemokratische Kuckuck
Als der Kuckuck Anfang 1929 gegründet wird,
reagiert er wohl auch auf den Versuch der kom-
munistischen Arbeiter-Illustrierten Zeitung (AIZ),
stärker in Österreich Fuß zu fassen. Ein Jahr zuvor,
am 21. März 1928, erscheint nämlich erstmals eine
vierseitige Österreich-Beilage in der AIZ.42 Die zu-
nächst von Leopold Maresch und später von Eduard
Kalischer redigierte Beilage ist, anders als der Rest
des Blattes, nicht im Kupfertiefdruck hergestellt
und grafisch recht einfach gestaltet. Zwar findet
die AIZ in Österreich keine allzu große Verbrei-
tung, dennoch wird der große Erfolg der Zeitung in
Deutschland auch in Österreich wahrgenommen.43
Der sozialdemokratische Medienstratege Julius
Braunthal, der hinter der Gründung des Kuckuck
steht, sieht das populär gemachte Bildermagazin in Abb. 7, 8 Moderne Titelblatt-
gestaltung: Der Kuckuck,
26.
Oktober1930 (Foto:
Kraetke), und Welt-Guck,
8.
März 1931, Titelseiten.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Untertitel
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Autor
- Anton Holzer
- Verlag
- Primus Verlag
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Abmessungen
- 23.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang