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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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2451938: Verfolgte und Profiteure 1930er Jahren zahlreiche Gesellschaftsreportagen für den Deutschen Verlag (ehemals Ullstein) macht. Schostal verkauft aber auch die Bilder der Reisefoto- grafin Alice Schalek, des Schweizer Porträt- und Rei- sefotografen Martin Imboden und Aufnahmen des aus Meran stammenden und seit 1927 in Berlin lebenden Reportage-, Mode- und Werbefotografen Heinz von Perckhammer. Während Schostal mit den aktuellen Nachrichten- bildern, die die Agentur von Keystone bezieht, nur in Österreich präsent ist, reichen die geschäftlichen Kontakte im Bereich der künstlerischen Genrefo- tografie weit darüber hinaus. Schostal versorgt vor allem französische und deutsche Kultur-, Gesell- schafts- und Modezeitschriften, die Bilder werden aber auch in Skandinavien, Osteuropa und teilwei- se im englischsprachigen Überseeraum (Australien und USA) verkauft. Schwerpunkte des Angebots sind Modeaufnahmen, angeboten werden aber auch Tanzfotos, Landschafts- und Reisebilder, Porträts und Genrefotos (etwa Humor, Tiere, Wissenschaft, Skurri- les etc.). Wie sehr sich dieser Geschäftszweig von der Vermarktung von Nachrichtenbildern unterscheidet, zeigt sich auch daran, dass Erstere der Presse ohne Nennung des Fotografennamens angeboten werden, während dieser bei Letzteren gleichberechtigt neben dem Namen der Agentur steht (z. B. „Yva-Schostal“). 1938:  Verfolgte  und  Profiteure Die Errichtung des nationalsozialistischen Re- gimes in Österreich verändert den Handel mit fo- tografischen Bildern mit einem Schlag. Jüdische Fotoagenturen werden enteignet und ihre Betriebe teilweise aufgelöst. Die Agenturbesitzer und -mitar- beiter jüdischer Herkunft werden verhaftet oder es gelingt ihnen zu fliehen. Innerhalb weniger Wochen wird das Netz an Zulieferern für die illustrierte Pres- se von Grund auf neu geordnet. Dazu kommt, dass die großen reichsdeutschen Agenturen nun verstärkt den Wiener Markt beliefern. All das führt dazu, dass sich das Bildmaterial, das ab 1938 in den Zeitungen und Zeitschriften erscheint, deutlich verändert. Den Inhabern der beiden wichtigsten Fotoagentu- ren Willinger und Schostal gelingt die Flucht. Wil- helm Willinger wird im März 1938 kurzzeitig inhaf- tiert. Im Frühjahr 1939 wird ihm und seiner zweiten Frau die Ausreise gestattet. Es gelingt ihm, einen Teil seiner Möbel und sogar die Fotoausrüstung mit ins Exil nach Shanghai zu nehmen. Das umfangreiche Fotoarchiv der Agentur muss er in Wien zurücklas- sen. Von der Sammlung fehlt bis heute jede Spur.45 1940 eröffnet Willinger ein Fotoatelier in Shanghai. Er stirbt 1943. Nach seinem Tod wird der Betrieb von seiner Frau weitergeführt.46 Im März 1938 flüchtet Robert Schostal zusammen mit seiner Mutter über Italien nach Frankreich. Nach kurzer Zeit reisen sie in die USA weiter. 1939, nach der Kriegserklärung Frankreichs, folgt ihnen der Bru- der Walter, der die Pariser Filiale des Unternehmens geführt hatte. In New York gelingt den beiden Brü- dern, unter dem Namen „Shostal Inc.“ (später „Shostal Associates“) wieder eine Fotoagentur zu gründen.47 Das umfassende Archiv der Wiener Agentur muss Robert Schostal zurücklassen, der Betrieb wird, wie unzählige andere von Juden geführte Unternehmen auch, enteignet. Seit Juni 1938 wird die Fotoagentur Schostal unter demselben Namen kommissarisch von Friedrich Gondosch weitergeführt. Im Septem- ber 1941 kauft dieser den Betrieb um eine geringe Summe, ab jetzt firmiert das Unternehmen unter dem Namen „Wien-Bild“.48 Oberflächlich betrachtet, führt die „arisierte“ Fo- toagentur die Geschäfte einfach weiter. Eine Reihe von Fotografen, mit denen Robert Schostal schon seit Jahren zusammenarbeitet, etwa Imre von Santho, Hedda Walther, Heinz von Perckhammer oder Paul Wolff, liefern weiterhin Bilder an die Agentur. Auch Olga und Adorján Wlassics, die Inhaber des Wiener Ateliers Manassé, die Schostal schon seit Langem vertritt und die seit 1936 in Berlin das Atelier WOG führen49, werden nach 1938 weiter von der Agentur vertreten. Das große Firmenarchiv wird weiterhin kommerziell genutzt. Aber bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass der Betrieb binnen kürzester Zeit vollkommen umgestaltet wird.50 Zunächst wird al- len Fotografen jüdischer Herkunft gekündigt, auch ihre Archivaufnahmen werden nicht weiter verkauft. Sodann werden zahlreiche neue Fotografen unter Vertrag genommen, in der Regel sind es solche, die Abb.  6  „Schatten  im  Schnee“.  Die  Aufnahme  ist  aus  zwei  Bildern  zusammengesetzt.  Sie  stammen  von  Harald  Lechenperg  und  dem  deutschen  Fotografen  Paul  Wolff,  den  die  Agentur  Schostal  vertritt.  Wiener Magazin,  Heft  1,  Januar  1937,  S.  39.
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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