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291Expressionistische
Bewegung, neue Tanzschulen
Tanzfotografie zählt Franz Löwy. Noch ist der Erste
Weltkrieg im Gange, als im Herbst 1918 seine ersten
künstlerischen Tanzaufnahmen veröffentlicht wer-
den.10 In den 1920er Jahren treten vor allem Edith
Barakovich, Trude Fleischmann, Madame d’Ora,
Pepa Feldscharek, Beatrice Freyberger, Hedda Medi-
na, Grete Kolliner, das Atelier Setzer, Ernst Förster,
Georg Fayer und Rudolf Koppitz mit innovativen Ins-
zenierungen hervor. Immer wieder suchen einzelne
Tänzerinnen die Zusammenarbeit mit bestimmten Fo-
tografinnen und Fotografen. Die lettische Ausdrucks-
tänzerin Mila Cirul, ein Star unter den jungen Tän-
zerinnen der Nachkriegszeit, lässt sich zum Beispiel regelmäßig von den Fotografinnen Trude Fleisch-
mann und Grete Kolliner ablichten (Abb.
6). Trude
Fleischmann ihrerseits arbeitet besonders eng mit
der Tänzerin Claire Bauroff und mit den Mitgliedern
des Wiener Staatsopernballetts Tilly Losch und Hedy
Pfundmayr sowie mit dem Ballett Toni Birkmeyer
zusammen.11 Losch und Pfundmayr sind aber auch
öfter im Atelier von Rudolf Koppitz zu Gast (Abb.
7).
Madame d’Ora lichtet über Jahre hin die Schwestern
Wiesenthal ab. Die Tänzerin Grete Groß wird häu-
fig von der Fotografin Hedda Medina porträtiert. Ein
Großteil dieser Porträts entsteht im Atelier, nur selten
wird auf der Bühne fotografiert.
Ab Ende der 1920er Jahre erwächst den etablierten
Studios, die in Wien Tanz fotografieren, eine gewisse
Konkurrenz, da nun auch Pressefotografen und Ama-
teure das Thema Tanz (und Theater) entdecken. Sie
arbeiten mit kleineren, lichtstarken Apparaten und
können daher auch außerhalb des Ateliers, etwa auf
der Bühne, Aufnahmen machen. Zu den interessan-
testen und begabtesten Fotografen, die neben der
Theaterberichterstattung auch den Tanz dokumen-
tieren, zählt Otto Skall. Geboren und aufgewachsen
in Prag, zieht er 1920 nach Wien. Mitte der 1920er
Jahre beginnt er als Pressefotograf, wobei er zunächst
unterschiedlichste Themen abdeckt. In den 1930er
Jahren wird er mehr und mehr zum viel beschäftigten
Theaterfotografen. Unter den innovativen Amateuren,
die sich um 1930 dem Thema Tanz widmen, sind der
Schweizer Martin Imboden, der u. a. die Tänzerin
Gertrud Kraus und ihre Schüler fotografiert,12 sowie
die beiden Wiener Fotografen Othmar Maudry und
Max Tanner, der etwa die Tänzerin Leila Bederkhan
aufnimmt (Abb.
8).
Expressionistische
Bewegung,
neue
Tanzschulen
Eine der einflussreichsten Protagonistinnen des
neuen Tanzes dieser Jahre ist Gertrud Bodenwieser.
Geboren 1890 in Wien, absolviert sie ihre Ausbildung
während der Kriegszeit. Am 5. Mai 1919 tritt sie zum
ersten Mal mit ihrem Soloprogramm im Wiener Ha-
genbund auf.13 Schnell wird sie mit ihren expressi-
onistischen Ausdruckstänzen zum umjubelten Star
der Wiener Tanzszene. Ab 1920/21 unterrichtet sie Abb.
7 Die Tänzerin
Tilly
Losch vom Ballett der Wiener
Staatsoper.
Moderne Welt, Heft
14, 1925, S.
4. Foto: Rudolf
Koppitz.
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
- Untertitel
- Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
- Autor
- Anton Holzer
- Verlag
- Primus Verlag
- Datum
- 2014
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86312-073-3
- Abmessungen
- 23.0 x 29.0 cm
- Seiten
- 498
- Schlagwörter
- Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
- Kategorie
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
- Neue illustrierte Welt Einleitung 10
- Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
- Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
- Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
- Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
- Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
- Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
- Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
- Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
- Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
- Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
- Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
- Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
- Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
- Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
- Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
- Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
- Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
- Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
- Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
- Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
- Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
- Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
- Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
- Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
- Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
- Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
- Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
- Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
- Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
- Anhang