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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. - Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
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348 Die kurze Zeit der Avantgarde · Fotografische Aufbrüche um 1930 Reiz des Stofflichen herauszuarbeiten und Motive zu finden, wo der Blick sonst vorübergleitet.“9 Born hat die Ausstellung bereits vor der Eröffnung besucht und liefert vorab einen umfassenden, in seinen Be- schreibungen sehr genauen Einblick in die Schau. Die ästhetischen Neuerungen der modernen Fotografie hebt er besonders hervor: „Es sind Stilleben einer Kleinwelt, die erst entdeckt werden mußte, Land- schaften des Alltags (...). Es ist eine neue Art des gra- phischen Ausdruckes, der sehr herb, mit den kompli- zierten Ornamenten der Wirklichkeit, seine Flächen organisiert. Der nach oben gerückte Horizont, wie er bei der Draufsicht entsteht, spielt eine große Rolle. Die Verschiebungen der Perspektive ergeben die Sen- sation eines erregenden Raumerlebnisses, Schatten und Licht sind die Träger des Rhythmus. Unverse- hens kommt eine Übersetzung der Wirklichkeit zu- stande, die durchaus künstlerisch ist. Es war nur ein Schritt vom extremen Realismus dieser neuen Sach- lichkeit zur Überwindung des Realismus durch ein abstraktes Gefüge von Hell und Dunkel. Auch dafür bietet die Ausstellung eindrucksvolle Beispiele. Vom rein Dokumentarischen, wie es vor allem die Russen pflegen, bis zum Spiel der freien Phantasie, wie es der Pariser Man Ray als erster im Lichtbild verwirk- licht hat, sind alle Zwischenstufen vertreten.“10 Während Born den ausländischen Arbeiten im Stil der Neuen Sachlichkeit und des Neuen Sehens überaus aufgeschlossen gegenübersteht, ist seine Ein- schätzung, was die österreichische Abteilung betrifft, weit verhaltener. Die Mischung zwischen modernen und konventionellen Fotografien überzeugt ihn nicht ganz, mehr als höfliche Anerkennung äußert er nicht: „Der österreichische Werkbund“, so Born, „der die Veranstaltung der Lichtbildschau in Wien ermög- licht hat, fügte der aus Deutschland übernommenen Kollektion einen eigenen Raum mit Arbeiten öster- reichischer Photographen hinzu. Das ist besonders dankenswert. Die einheimischen Kräfte stehen nun in unmittelbarer Nachbarschaft mit den Führern der internationalen Bewegung. Man sieht, daß es dem österreichischen Lichtbildner zwar noch etwas an der Entschiedenheit fehlt, mit der man in anderen Ländern den Problemen zu Leibe geht, daß er aber als Positives den Geschmack mitbringt, mit dem er dem spröden Material die feinsten Reize abzugewin- nen weiß.“11 Ganz ähnlich urteilt die Kritikerin Alma Stefanie Frischauer in der Zeitschrift Moderne Welt über die Wiener Ausstellung. Auch sie begrüßt die Bilder der Avantgardisten, insbesondere die Aufnahmen im Stil der Neuen Sachlichkeit. „Der moderne Fotograf nennt Sachlichkeit sein oberstes Prinzip. Die absicht- lich unscharfe oder gar künstlich gestellte Aufnahme hat aufgehört zu existieren: das Lichtbild soll keine zierende Dekoration, sondern ehrliches Dokument sein. Dem unbestechlichen Werkzeug des Objektivs, der kleinen Linse, die allen menschlichen Sinnen an Schärfe überlegen, im Bruchteil einer Sekunde jeden optischen Eindruck erfaßt, ist die Hauptleistung über- tragen.“12 Und auch sie hat, ebenso wie Born, eher die ausländischen Bildbeispiele vor Augen, wenn sie die Arbeiten der Fotopioniere genauer beschreibt. „Es ist erstaunlich, welche Fülle von Überraschungen die Oberfläche einer Nußschale oder eines Eisblocks, die Struktur eines Gewebes, das Gestänge einer Eisen- konstruktion oder ein einfacher Treppenlauf zu er- bringen vermögen. In der Enthüllung, die keine Ver- schleierung und nur Präzision kennt, liegt der Wert dieser neuen Fotos. Sie entdecken die Wirklichkeit und bringen durch die Schärfe ihrer Objektive, durch kühne Licht- und Schattenkombinationen, durch un- erwartete Verkürzungen und Perspektiven den Alltag erneut zum Bewußtsein. Neben der neuen Fotografie, die insbesondere in Deutschland, in Rußland und in Amerika gepflegt wird, nimmt die Ausstellung des Werkbundes Stellung zum Problem des Films und proklamiert einen neuen geistigen Film mit starker innerer Konzentration an Stelle kostspieliger Prunk- filme, die hinter großer Aufmachung ihre künstleri- sche Leere nicht zu verbergen vermögen.“13 Wer sind diese beiden Kritiker, die die neue Fo- tografie in Wien so stürmisch begrüßen? Sie haben einiges gemeinsam. Beide sind in der Fotogeschichts- schreibung bisher vollkommen unbekannt. Wolf- gang Born, geb. 1893 in Breslau, und Alma Stefanie Frischauer, geb. 1899 in Lemberg als Alma Stefanie Wittlin, sind in den Wirren des Ersten Weltkriegs nach Wien gekommen. Beide haben beim Wiener Kunsthistoriker Josef Strzygowski promoviert, Born
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Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus. Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Rasende Reporter: Eine Kulturgeschichte des Fotojournalismus.
Untertitel
Fotografie, Presse und Gesellschaft in Österreich 1890 bis 1945
Autor
Anton Holzer
Verlag
Primus Verlag
Datum
2014
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-86312-073-3
Abmessungen
23.0 x 29.0 cm
Seiten
498
Schlagwörter
Fotojournalismus, Pressefotografie, Fotografie, Fotografiegeschichte, Mediengeschichte, Kulturgeschichte, Populärkultur, Österreich
Kategorie
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Auf den Spuren der rasenden Reporter Vorwort 7
  2. Neue illustrierte Welt Einleitung 10
  3. Bilder, Nachrichten, Sensationen Die Zeitungsstadt Wien um 1900 22
  4. Die Jagd nach Sensationen Pioniere der Pressefotografie 36
  5. Fotos statt Zeichnungen Das Entstehen einer fotografischen Öffentlichkeit 51
  6. Bild und Text Die Rhetorik der Zeitungsseiten 59
  7. Redaktion, Druck, Vertrieb Wie eine illustrierte Zeitschrift entsteht 70
  8. Im Rampenlicht Der Kaiser im Blick der Fotografen 77
  9. Als die Männer fliegen lernten Die ersten Wiener Flugschauen 91
  10. Mit der Kamera bewaffnet Fotografie und Propaganda im Ersten Weltkrieg 105
  11. Theater der Macht Parlament und Politik in Bildern 117
  12. Kampf um die Straße Demonstrationen, Kundgebungen und Massenpolitik 134
  13. Im Schatten der Konzerne Politische Illustrierte in der Zwischenkriegszeit 145
  14. Bilder für alle Die Welt der Magazine und Revuen 170
  15. Bilder als Propaganda Die illustrierte Regierungspresse nach 1934 194
  16. Erzählende Bilder Die moderne Fotoreportage in der Zwischenkriegszeit 203
  17. Handel mit Bildern Die Rolle der Fotoagenturen 234
  18. Politische Bilder Die Kultur der Arbeiterfotografie 248
  19. Amerika, ein Traum Wolkenkratzer und Tiller Girls 263
  20. Bubikopf und Zigarette Bilder der „Neuen Frau“ 277
  21. Experiment und Bewegung Tanzschritte in eine neue Zeit 286
  22. Wenn die Hüllen fallen Erotik, Sexualität und Nacktfotografie in der Zwischenkriegszeit 296
  23. Schöne neue Warenwelt Reklame und Mode in der Fotografie 304
  24. Dramatische Nähe Sport und Fotografie 317
  25. Frauen hinter der Kamera Die neuen Fotografinnen 331
  26. Die kurze Zeit der Avantgarde Fotografische Aufbrüche um 1930 344
  27. Landschaft, Berge, Brauchtum Heimatfotografie in den 1930er Jahren 363
  28. Fotografisches Feuilleton „Der Sonntag”: ein vergessenes Forum moderner Reportagefotografie 378
  29. Demagogie in Bildern Hitler in Österreich 1938 411
  30. Den Krieg vor Augen Nationalsozialistische Medienpolitik und Ästhetik 419
  31. Eine andere Kulturgeschichte Schluss 437
  32. Anhang
    1. Anmerkungen 446
    2. Fotografinnen und Fotografen 1890 bis 1945 Biografische Notizen 466
    3. Literatur 483
    4. Zeitungen und Zeitschriften 490
    5. Index 491
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