Seite - 105 - in TYROLIS LATINA - Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
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Überblick
Klösterliches
Chroniken
Josef Riedmann/Florian Schaffenrath
Geschichtsschreibung
Wie in früheren Jahrhunderten war auch im Zeitraum von ca. 1250 bis 1500 das Be-
dürfnis, Ereignisse und Entwicklungen der jeweiligen Gegenwart wie auch der Ver-
gangenheit für die Nachwelt schriftlich festzuhalten, im Bereich der Grafschaft Tirol
sowie der Hochstifte Trient und Brixen offensichtlich nur sehr spärlich entwickelt
(vgl. Santifaller 1949/50 ; Uiblein 1982). Unser Wissen über das spätmittelalterliche
Tirol, soweit es auf schriftlichen Quellen in lat. Sprache beruht, gründet in erster
Linie wiederum auf dem sogenannten pragmatischen Schrifttum, also auf Urkunden,
Akten der Verwaltung und ähnlichen Aufzeichnungen, die nun in zunehmend größe-
rer Zahl sowohl im öffentlichen wie im privaten Bereich produziert wurden. Literari-
sche Ambitionen sind bei derartigen Schriftzeugnissen nicht zu erwarten. Ergänzend
zu diesen einheimischen Quellen treten fallweise geschichtliche Darstellungen, die
außerhalb des Landes entstanden sind und v.a. auf spektakuläre Geschehnisse an
Etsch, Eisack und Inn Bezug nehmen. Weiterhin fehlt es an eigenen Werken, die etwa
die Geschichte des neu entstandenen Landes schildern oder auch die Geschichte der
herrschenden Dynastien. Sogar in den von den Meinhardinern gestifteten Klöstern
Stams und Allerengelberg in Schnals (vgl. Schönach 1909) beschränkte man sich in
dieser Hinsicht im Wesentlichen auf einfache genealogische Notizen, die in einem
engen Zusammenhang mit dem Totengedenken für die Gründer stehen.
In die Entstehungszeit von Stams vor 1300 reicht das sogenannte Chronicon
Stamsense zurück, in dem Gründung und Ausstattung des Zisterzienserstiftes im
Oberinntal genauer geschildert werden. In Stams hielt man auch in der Folge in
höchst bescheidenem Umfang und in annalistischer Form geschichtliche Ereignisse
fest (vgl. Koller 1986). Immerhin lässt sich die heute in München aufbewahrte Ori-
ginalhandschrift des Liber certarum historiarum („Buch bestimmter Ereignisse“),
des Geschichtswerkes des Kärntner Abtes Johann von Viktring († 1345/47), im
Jahre 1414 in diesem Kloster nachweisen (Lhotsky 1963, 296). Im 14. Jh. verfasste
der zumeist als Chronist apostrophierte Prior Goswin von Marienberg sein Regi-
strum, primär eine Übersicht über die Rechte und Besitzungen seines Klosters mit
verbindenden allgemeinen Bemerkungen zum Geschehen seiner Zeit, aber keine
umfassende historiographische Darstellung.
Goswins Zeitgenosse, der Trientner Domherr Giovanni da Parma, wurde of-
fensichtlich durch das eigene Erleben von besonders spektakulären Katastrophen
(Erdbeben, Seuchen) zur Abfassung eines bescheidenen historiographischen Wer-
TYROLIS LATINA
Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol, Band 1
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- TYROLIS LATINA
- Untertitel
- Geschichte der lateinischen Literatur in Tirol
- Band
- 1
- Autoren
- Martin Korenjak
- Florian Schaffenrath
- Lav Šubarić
- Herausgeber
- Karlheinz Töchterle
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78868-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 602
- Schlagwörter
- Neo-Latin, Tyrol, History, Literature, Neu-Latein, Tirol, Literatur, Geschichte
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort 9
- Epochenbild (Josef Riedmann) 21
- Überblick (Gabriela Kompatscher) 31
- Epochenbild (Lav Šubarić) 55
- Dichtung (Martin Korenjak) 66
- Rhetorik und Beredsamkeit (Martin Korenjak) 95
- Geschichtsschreibung (Josef Riedmann/Florian Schaffenrath) 105
- Biographie (Wolfgang Kofler) 123
- Brief (Christina Antenhofer/Lukas Oberrauch) 130
- Musik (Lukas Oberrauch) 143
- Kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 147
- Philosophie (Stefan Tilg) 167
- Medizin und Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 189
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 198
- Das 16. Jh. bis zum Tod Erzherzog Ferdinands II. von Tirol (1595) Epochenbild (Karlheinz Töchterle) 215
- Dichtung (Wolfgang Kofler/Martin Korenjak) 225
- Theater (Stefan Tilg) 266
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 282
- Geschichtsschreibung (Florian Schaffenrath) 307
- Brief (Martin Korenjak) 335
- Theologie (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 342
- Philosophie (Stefan Tilg) 349
- Naturwissenschaft (Lav Šubarić) 355
- Medizin (Lukas Oberrauch) 362
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 378
- Das 17. Jh. bis zum Aussterben der Tiroler Linie der Habsburger (1665) und zur Gründung der Universität (1669) Epochenbild (Stefan Tilg) 385
- Dichtung (Martin Korenjak) 397
- Theater (Stefan Tilg) 436
- Beredsamkeit (Martin Korenjak) 465
- Geschichtsschreibung (Lav Šubarić) 480
- Biographie (Florian Schaffenrath) 505
- Brief (Martin Korenjak) 517
- Theologie und kirchliches Schrifttum (Erika Kustatscher/Martin Korenjak) 525
- Philosophie (Stefan Tilg) 545
- Naturwissenschaft (Martin Korenjak) 555
- Medizin (Lav Šubarić) 564
- Rechtswissenschaft (Christine Lehne) 584
- Farbtafeln 593